Astana (Kasachstan), 23./24. Oktober 2013

Blick vom Baj­te­rek-Turm auf die Stadt, die in die Step­pe wächst: Asta­na. Foto: Micha­el Kunze.

Erst­mals in Asi­en. Um 1.30 Uhr errei­che ich die neue Haupt­stadt des Lan­des. Von dem klei­nen, aber moder­nen Flug­ha­fen geht es in die Innen­stadt. Schnur­ge­ra­de Magis­tra­len, kilo­me­ter­lang. Gleich einer Dop­pel­per­len­ket­te schmie­gen sich links und rechts die Stra­ßen­la­ter­nen an die Asphalt­bahn. Sie durch­schnei­det gera­de­zu erst die umlie­gen­de Step­pe – kaum baum­be­stan­den, soweit dies der Licht­schein zu erken­nen gibt -, bevor sie eben­so unbarm­her­zig mit den plötz­lich auf­tau­chen­den Hoch­häu­sern ver­fährt. Eine gan­ze Stadt wur­de hier seit 1997/98 neu errich­tet, „gene­ral­bau­plan­mä­ßig“, wie es von offi­zi­el­ler Sei­te heißt. Das gan­ze Aus­maß der Über­wäl­ti­gungs­ar­chi­tek­tur wird erst nach Son­nen­auf­gang deut­lich. Sechs‑, acht‑, zehn­spu­ri­ge Schnell­stra­ßen, die an die Auf­marsch­räu­me für Para­den in sozia­lis­ti­schen Groß­städ­ten erin­nern. Dimen­si­on und Posi­ti­on von Prä­si­den­ten­pa­last und Par­la­ment geben Aus­kunft über die poli­ti­schen Ver­hält­nis­se im Land. Der Palast steht im Mit­tel­punkt eines wei­ten frei­en Fel­des, über­ragt von einer mäch­ti­gen, weit­hin sicht­ba­ren blau­en Kup­pel. Das Par­la­ment hin­ge­gen wur­de, ent­spre­chend sei­ner ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Rech­te, rand­stän­dig posi­tio­niert. Zen­sier­te und kon­troll­be­währ­te Sta­bi­li­tät seit der „Unab­hän­gig­keit“ des Lan­des im Jahr 1991. Mir stellt sich unwei­ger­lich die Fra­ge, ob hier nicht viel­mehr die eine gegen eine ande­re Abhän­gig­keit ein­ge­tauscht wur­de. Der Wohl­stand jeden­falls scheint im Land zu blei­ben. Im Gro­ßen sieht es der Besu­cher nir­gends mehr als in die­ser Stadt, im Klei­nen scheint es aber auch zu stim­men: Eine Leh­re­rin spricht, bei gro­ßen regio­na­len Unter­schie­den, mir gegen­über von umge­rech­net 500 Euro Monats­lohn, in der Ukrai­ne sol­len es bloß 300 sein. Die Bevöl­ke­rung Kasach­stans gilt heu­te als eine der wohl­ha­bends­ten auf dem Gebiet der ehe­ma­li­gen Sowjet­uni­on. Vor allem im Süden und Wes­ten des Lan­des scheint die Sta­bi­li­tät jedoch jüngst gefähr­det zu sein. In den letz­ten Jah­ren tra­fen immer wie­der Nach­rich­ten über Unru­hen und Anschlä­ge ein, wohl mit isla­mis­ti­schem Hin­ter­grund. Die Sicher­heits­vor­keh­run­gen sei­en stren­ger gewor­den, sagt man uns. Aller­orts Kame­ra­über­wa­chung, das sehen wir selbst. Metall­de­tek­to­ren ste­hen am Ein­gang eines jeden Hotels. Die Poli­tik spricht seit eini­ger Zeit von „Zwi­schen­fäl­len“ und gibt sich, auch um des eige­nen Macht­er­halts wil­len, alar­miert. Meh­re­re Bom­ben­an­schlä­ge vor zwei Jah­ren, die ins­ge­samt 17 Men­schen­le­ben for­der­ten, dürf­ten Anlass genug gewe­sen sein zu ver­stärk­ter Wach­sam­keit. Für Zwei­fel dar­an, dass dies die kasa­chi­sche Bevöl­ke­rungs­mehr­heit anders sieht, gibt es wäh­rend der Rei­se kei­nen Anlass.

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