„Das gab es bei den Medici und auch bei den Einsiedels“

Reges Interesse bei der Vernissage zur Ausstellung "Die Einsiedels und die Vogels" am 4. April 2019 auf Schloss Wolkenburg, nordwestlich von Chemnitz. Bis 18. August werden insbesondere Porträts gezeigt. Foto: Michael Kunze
Reges Inter­es­se bei der Ver­nis­sa­ge zur Aus­stel­lung „Die Ein­sie­dels und die Vogels“ am 4. April 2019 auf Schloss Wol­ken­burg, nord­west­lich von Chem­nitz. Bis 18. August wer­den ins­be­son­de­re Por­träts gezeigt. Foto: Micha­el Kunze

Die einen mal­ten, die andern kauf­ten die Bil­der – zwei Genera­tio­nen hielt das unge­wöhn­li­che Ver­hält­nis zwi­schen der von den Wet­ti­nern geadel­ten Künst­ler­fa­mi­lie Vogel und den Gra­fen von Ein­sie­del. Eine vom Ber­li­ner Kunst­his­to­ri­ker Gerd-Hel­ge Vogel kura­tier­te Aus­stel­lung auf Schloss Wol­ken­burg setzt es in Szene.

WOLKENBURG. Bei­na­he vier­zig Ölge­mäl­de, Koh­le­zeich­nun­gen, Gra­fi­ken, dazu Doku­men­te zeigt die am Don­ners­tag­abend auf Schloss Wol­ken­burg (Land­kreis Zwi­ckau) eröff­ne­te Aus­stel­lung „Die Ein­sie­dels und die Vogels – Mäze­ne und Künst­ler zwi­schen 1780 und 1860“. Rund sech­zig Gäs­te waren der Ein­la­dung des Lim­bach-Ober­froh­na­er Ober­bür­ger­meis­ters Jes­ko Vogel, von Kura­tor Gerd-Hel­ge Vogel – bei­de nicht mit den Künst­lern ver­wandt – sowie von Muse­ums­lei­te­rin Bar­ba­ra Wie­gand-Stem­pel gefolgt.

Vor­nehm­lich Por­träts sind es, die in vier Räu­men „die Ver­bin­dung zwi­schen Unter­neh­mer­tum und Kunst“ in Erin­ne­rung rufen, die in der Regi­on auch durch die Minis­ter und Rit­ter­guts­be­sit­zer Det­lev Carl (1737–1810) sowie Det­lev von Ein­sie­del (1773–1861) stark gewe­sen sei, so Jes­ko Vogel. Wäh­rend das Stadt­ober­haupt die Schau als Bau­stein der seit 15 Jah­ren lau­fen­den Anstren­gun­gen der Stadt deu­te­te, Schloss und Park zu erhal­ten und die jüngst den Ver­wal­tungs­aus­schuss des Stadt­rats beschäf­ti­gen­de Schen­kung der Ein­sie­del­schen Kunst­samm­lung durch Nach­fah­ren nach Wol­ken­burg ankün­dig­te, wer­te­te der Kura­tor ers­te­re aus kunst­his­to­ri­scher Per­spek­ti­ve als „wei­te­ren Höhe­punkt“. „Wir waren nicht immer Pro­vinz“, sag­te Gerd-Hel­ge Vogel. Auch an klei­nen Höfen wie jenen der Ein­sie­dels, derer von Solms in Wil­den­fels oder der Schön­bur­ger in Wal­den­burg, Glauchau, Lich­ten­stein wur­den bedeu­ten­de, bald von Rom bis Sankt Peters­burg täti­ge Künst­ler ent­deckt, geför­dert, mit Auf­trä­gen bedacht.

Nur dank zahl­rei­cher Leih­ga­ben pri­va­ter und öffent­li­cher Samm­lun­gen aus Bay­ern, Ber­lin, Sach­sen und Meck­len­burg-Vor­pom­mern, dar­un­ter des Kup­fer­stich­ka­bi­netts Dres­den und der dor­ti­gen Städ­ti­schen Samm­lun­gen, der Kunst­samm­lun­gen Chem­nitz oder der Schlös­ser Wil­den­fels und Nos­sen sowie etwa mit Her­mann Vogel von Vogel­stein von Nach­fah­ren der Künst­ler, kann die Wol­ken­bur­ger Aus­stel­lung statt­fin­den. Laut Gerd-Hel­ge Vogel zeigt sie nicht nur die Meis­ter­schaft der Maler, son­dern auch das acht­zig Jah­re hal­ten­de Ver­hält­nis zu den Gra­fen – eine Sel­ten­heit in der Kunst­ge­schich­te. „Das gab es bei den Medi­ci, aber auch bei den Ein­sie­dels“, sag­te er süffisant.

Die prä­sen­tier­ten Wer­ke, die unter ande­ren Mit­glie­der der Fami­li­en Ein­sie­del und Vogel, aber auch Papst Pius VII. abbil­den, wur­den bei nur ein­jäh­ri­ger Vor­be­rei­tung unter gro­ßen Anstren­gun­gen durch die klei­ne Muse­ums­mann­schaft zusam­men­ge­tra­gen, so Muse­ums­lei­te­rin Wie­gand-Stem­pel. Dar­un­ter ist neben „hand­li­chen“ wie wand­fül­len­den Stü­cken auch das klein­for­ma­ti­ge, um 1795 von Chris­ti­an Lebe­recht Vogel (1759–1816) gemal­te „Bild­nis des Soh­nes Carl“, das unge­wöhn­lich mit Licht, Schat­ten und Far­be expe­ri­men­tiert und Vogels über Sach­sen hin­aus­rei­chen­den Ruf als „Kin­der-Raf­fa­el“ ein­drück­lich unter Beweis stellt. Bekann­ter in die­sem Zusam­men­hang ist jedoch sein dann viel­fach kopier­tes, um 1792/93 ent­stan­de­nes Stück „Die Söh­ne des Meisters“.

Dass ein klein­städ­ti­sches Muse­um seit Jah­ren mit natur­ge­mäß beschränk­ten Mit­teln Aus­stel­lun­gen mit Wer­ken von nam­haf­ten Künst­lern auf den Weg bringt – Vogels zum Katho­li­zis­mus kon­ver­tier­ter und zum Kreis der Naza­re­ner zäh­len­der Sohn Carl Chris­ti­an Vogel von Vogel­stein (1788–1868) schuf sol­che etwa im Pill­nit­zer Schloss, der Dres­de­ner Hof­kir­che oder für den Naum­bur­ger Dom –, ist auch dem lang­jäh­ri­gen Enga­ge­ment des Kura­tors und der finan­zi­el­len Hil­fe des Kul­tur­raums Vogt­land-Zwi­ckau zu dan­ken. Ange­sichts klam­mer Kas­sen darf man dar­in aber auch ein alles ande­re als selbst­ver­ständ­li­ches Bekennt­nis zur Regio­nal­ge­schich­te von­sei­ten der Kom­mu­ne Lim­bach-Ober­froh­na sehen, zu der Wol­ken­burg gehört, eben­so wie betei­lig­ter Ehren­amt­ler. Es dürf­te durch die in Aus­sicht ste­hen­de Schen­kung der Samm­lung Ein­sie­del – Ver­hand­lun­gen mit der Fami­lie über 57 Gemäl­de, zwei Eisen­kunst­guss­plas­ti­ken sowie 50 Gra­phi­ken im Gesamt­schätz­wert von rund 95.000 Euro lau­fen laut Stadt­ver­wal­tung – neue Impul­se erhal­ten und auch wegen des begrenz­ten Rau­mes im Schloss Her­aus­for­de­run­gen mit sich brin­gen. Immer­hin stam­men ein­zel­ne Wer­ke des Kon­vo­luts etwa von Ber­nar­do Bel­lot­to, gen. Cana­l­et­to (1722–1780), oder dem Kup­fer­ste­cher und Radie­rer Johann Eli­as Ridin­ger (1698–1767).

Ein Begleit­band, groß­for­ma­tig und illus­triert, ist zur Aus­stel­lung erschie­nen und in Muse­um, Buch­han­del und beim Ver­lag ver­füg­bar – Gerd-Hel­ge Vogel: „Die Ein­sie­dels und die Vogels. Zwei Genera­tio­nen des Zusam­men­wir­kens von Mäze­nen und Künst­lern auf Schloss Wol­ken­burg“, Wolff-Ver­lag, Ber­lin 2019, 64 Sei­ten, 17,90 Euro.

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