Nach Eklat: Katholiken im Dialog mit sächsischem Linke-Fraktionschef

Differenzen behutsam vorgetragen: Der Landesvorsitzende der Partei Die Linke, Rico Gebhardt (2. v. l.), diskutierte am 8. Mai 2019 auf Schloss Rochlitz mit dem Leiter des Katholischen Büros des Bistums Dresden-Meißen, Daniel Frank, sowie Benediktiner-Pater Ansgar Orgaß vom Priorat Wechselburg. Foto: Michael Kunze
Dif­fe­ren­zen zum Ver­hält­nis von Staat und Kir­che behut­sam aus­ge­tra­gen: Der säch­si­sche Land­tags­frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der Par­tei Die Lin­ke, Rico Geb­hardt (2. v. l.), dis­ku­tier­te am 8. Mai 2019 auf Schloss Roch­litz mit dem Lei­ter des Katho­li­schen Büros, Dani­el Frank (2. v. r.), sowie Bene­dik­ti­ner-Pater Ans­gar Orgaß (r.). Es mode­rier­te Dani­el Hein­ze (Radio PSR). Foto: Micha­el Kunze

Wie viel Kir­che braucht das Land? Dar­über ist auf dem „Sach­sen-Sofa“ in Schloss Roch­litz dis­ku­tiert wor­den. Ohne einen Streit im Janu­ar hät­te es die Ver­an­stal­tung wohl nicht gegeben.

ROCHLITZ. Dass nun in der mit knapp 50 Gäs­ten gut gefüll­ten Fürs­ten­stu­be des Roch­lit­zer Schlos­ses Rico Geb­hardt, Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der Links­par­tei im Säch­si­schen Land­tag, Pater Ans­gar Orgaß, Bene­dik­ti­ner­mönch in Wech­sel­burg, sowie Dani­el Frank, Lei­ter des Katho­li­schen Büros des Bis­tums Dres­den-Mei­ßen, mit­ein­an­der dis­ku­tier­ten, war Anfang Janu­ar nicht absehbar.

Damals, nach der Vor­stel­lung des Ver­an­stal­tungs­for­mats „Sach­sen-Sofa“ durch die Katho­li­sche Aka­de­mie, einen Bil­dungs­trä­ger des Bis­tums, hat­te Geb­hardt die mit Geld des Frei­staats finan­zier­te Rei­he scharf kri­ti­siert. Denn von Par­tei­en­sei­te soll­ten zunächst durch­weg akti­ve oder ehe­ma­li­ge Poli­ti­ker von CDU und SPD zu Wort kom­men. „Der Sinn des Etats für ‚Welt­of­fe­nes Sach­sen‘ besteht nicht dar­in, dass die katho­li­sche Kir­che zusam­men mit den Mäch­ti­gen von heu­te und ges­tern ein Podi­um auf dem Land finan­ziert bekommt“, äußer­te er. „Dia­log-Insze­nie­run­gen“, so Geb­hardt, in denen die Oppo­si­ti­on nicht vor­kom­me, erwie­sen der Demo­kra­tie einen Bären­dienst. Die Orga­ni­sa­to­ren bes­ser­ten nach, luden Geb­hardt ein. Der sag­te zu.

Wie viel Kir­che das Land brau­che – die Leit­fra­ge des Mitt­woch­abends wur­de zur ach­ten Auf­la­ge der Rei­he eher umkreist. Der Poli­ti­ker bezeich­ne­te ein­gangs als ehe­ma­li­ger stell­ver­tre­ten­der FDJ-Sekre­tär den Umgang der DDR-Füh­rung mit den Kir­chen als „schwe­ren Feh­ler“. Auch hät­te sich der 55-Jäh­ri­ge mehr reli­giö­se Bil­dung in sei­ner Kind­heit gewünscht, wenn­gleich er nicht an Gott glau­be. Sei­nem Nach­wuchs habe er eine Kin­der­bi­bel gekauft. Einen Reli­gi­ons­be­zug in der Ver­fas­sung brau­che es den­noch nicht, auch wenn er für des­sen Abschaf­fung, die er nicht aktiv betrei­be, der­zeit kei­ne poli­ti­sche Mehr­heit sieht. „Mein Gott ist gewis­ser­ma­ßen das Gute“, so der gebür­ti­ge Schle­ma­er (Erz­ge­birgs­kreis), der sich bei Ver­ei­di­gun­gen etwa von Minis­tern nicht dar­an stö­re, wenn der Zusatz „so wahr mir Gott hel­fe“ gespro­chen wird. Kon­fes­sio­nel­len Reli­gi­ons­un­ter­richt hält er jedoch für über­flüs­sig. Die jähr­li­chen Aus­gleichs­zah­lun­gen des Staa­tes an die Kir­chen, die auf Ent­eig­nun­gen von Grund und Ver­mö­gen im 19. Jahr­hun­dert zurück­ge­hen, will er ablösen.

Dani­el Frank, als Lei­ter des Katho­li­schen Büros so etwas wie der Außen­mi­nis­ter des Bis­tums Dres­den-Mei­ßen, signa­li­sier­te in der Fra­ge Offen­heit. Geld­fra­gen stün­den für ihn auch ange­sichts von nur rund vier Pro­zent Katho­li­ken in Sach­sen, dazu klei­nem Bud­get nicht im Vor­der­grund. Er woll­te dar­über spre­chen, was Kir­che ist und wel­chen Auf­trag sie dar­aus in der Gesell­schaft ablei­tet. Vier Punk­te: Bekennt­nis und Ver­kün­di­gung, also auch Mis­si­on, Fei­er der Lit­ur­gie, Dienst am Nächs­ten – all dies in Gemein­schaft unter­ein­an­der und mit Gott. Der Auf­trag sei ein durch­aus poli­ti­scher in das Land hin­ein, wir­ke jedoch, wo er bloß mora­li­sie­rend daher­kommt, hilf­los. Wich­tig sind ihm der Bei­trag zur Gewis­sens­bil­dung in der Gesell­schaft und die Wei­ter­ent­wick­lung Euro­pas als Frie­dens­pro­jekt; wirt­schaft­li­che Inter­es­sen müss­ten dahin­ter zurückstehen.

Für Pater Ans­gar Orgaß ist die katho­li­sche Kir­che kein Mono­lith. Er erle­be sie, anders als man­cher Außen­ste­hen­de, als dis­kus­si­ons­freu­dig. Oft wer­de um deren Hal­tung beim Wir­ken in die Gesell­schaft hin­ein, das er für wich­tig hält, hart gerun­gen. Als Bei­spiel ver­wies er auf die in den 1990er-Jah­ren umstrit­te­ne Posi­tio­nie­rung bei der Schwan­ge­ren­kon­flikt­be­ra­tung. Ihn freut es, sich in die ethi­sche Aus­bil­dung ange­hen­der Poli­zis­ten in Chem­nitz ein­brin­gen zu kön­nen – ein Dienst, für den er viel Dank­bar­keit auch bei Kon­fes­si­ons­lo­sen spü­re, eben­so wie in der Notfallseelsorge.

Dass Kir­che auch ver­sa­ge, zeig­ten der Miss­brauchs­skan­dal oder das Finanz­ge­ba­ren man­cher Bis­tü­mer. Nach­voll­zieh­ba­rer­wei­se habe dies vie­le Men­schen scho­ckiert, sag­te Dani­el Frank. Jenen in Not oder am Ran­de der Gesell­schaft hel­fen zu wol­len, auch wenn die Antriebs­kräf­te sich unter­schie­den, dar­in macht Rico Geb­hardt eine Gemein­sam­keit aus zwi­schen sei­ner Par­tei und den Kir­chen, von denen er sich auch nicht gegän­gelt fühlt, wie er auf eine ent­spre­chen­de Fra­ge von Mode­ra­tor Dani­el Hein­ze (Radio PSR) antwortete.

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