FRANKFURT/DRESDEN. Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls blickt der Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebach zurück und voraus: wo und wie er den Mauerfall 1989 erlebte und die Jahre seit der deutschen Wiedervereinigung. Außerdem gibt der 68 Jahre alte Büchner- und Kleistpreisträger Auskunft darüber, was für ihn Europa mit der Europäischen Union zu tun hat und welche Rolle „„Mein Bild von Europa hat mit der aktuellen Organisationsform wenig zu tun““ weiterlesen
Interview
„Man darf kein Publikum unterschätzen“
AUGUSTUSBURG/BERLIN. Schon vor zwei Jahren ist die Soloviolinistin Liv Migdal auf der Waldbühne in Augustusburg (Kreis Mittelsachsen) aufgetreten und wurde seinerzeit euphorisch vom Publikum gefeiert. In Aue war sie in dieser Saison bei der Erzgebirgischen Philharmonie zu hören. „„Man darf kein Publikum unterschätzen““ weiterlesen
„Dass wir alles gut überstanden haben, war ein Wunder“
WECHSELBURG/MARBELLA. 2710 Kilometer und 26 Stunden Autofahrt sind es von Wechselburg, wo Rudolf Graf von Schönburg im September 1932 auf dem Schloss seiner Familie geboren wurde, nach Marbella, der nahe Gibraltar gelegenen spanischen Stadt am Mittelmeer. Dort lebt er seit 1956. Elf Jahre zuvor floh der damals Zwölfjährige mit Geschwistern und Mutter vor der Roten Armee aus der Heimat. Im Telefongespräch berichtet er von seinen Erlebnissen vor 74 Jahren.
Wann genau mussten Sie 1945 aufbrechen?
Am 18. Mai, bald nach Kriegsende, fuhr ein sowjetischer Privatwagen am Schloss in Wechselburg vor „„Dass wir alles gut überstanden haben, war ein Wunder““ weiterlesen
Radikale im Namen des Herrn
DRESDEN. Die Anzahl der Christen nimmt in Deutschland zwar ab. Laut der Publizistin Liane Bednarz, Autorin des Buches „Die Angstprediger“, gibt es unter ihnen indes einflussreiche Rechte, die in Parteien und Kirchen aktiv sind und vor „Islamisierung“, „Ehe für alle“ oder „Genderwahn“ warnen. Ein Gespräch über aktuelle Entwicklungen.
Unter Christen dürften Rechte, die Sie von den Konservativen abgrenzen, eine kleine Minderheit sein. Braucht es da Ihr Buch?
Ja, das braucht es, da es zwar um eine, gemessen an der Gesamtzahl der Kirchenmitglieder, kleine Gruppe geht. Doch die ist nicht nur in sozialen und anderen Medien „Radikale im Namen des Herrn“ weiterlesen
„Der Islamische Staat hat Modellcharakter“
DRESDEN. Der Politologe Erik Fritzsche im Gespräch zu Aufstieg und Niedergang des Islamischen Staates (IS) und warum trotz des weitgehenden militärischen Sieges über die Miliz die Bedrohung fortbesteht.
Jahrelang wurde die Berichterstattung über den Islamischen Staat im Norden des Iraks und im Osten Syriens von dessen beispiellosem „„Der Islamische Staat hat Modellcharakter““ weiterlesen
„Ohne die USA kann Europa nicht verteidigt werden“
CHEMNITZ. Da Amerika seine Schwerpunkte verlagert, muss Deutschland seine Rolle in der internationalen Politik neu bestimmen. Ist das Land dazu angesichts von Migration und Chinas Drängen nach Weltgeltung gewappnet? Ein Gespräch mit der Politologin Beate Neuss.
Donald Trump interessiert sich nicht für Europa. Was diejenigen gut finden, die den amerikanischen Einfluss kritisieren, treibt anderen Sorgenfalten auf die Stirn angesichts dessen, dass Deutschland und die EU mehr Verantwortung erwartet. Wie sehen Sie es?
Seit der Wiedervereinigung und dem Zerfall der Sowjetunion sagen US-Politiker: Unsere Aufgabe in Europa ist erledigt: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Marktwirtschaft haben sich durchgesetzt. Eine EU mit 510 Millionen Einwohnern und einem den USA vergleichbaren Bruttoinlandsprodukt, dazu 1,2 Millionen Soldaten, verteilt auf 28 Staaten, muss imstande sein, sich selbst zu verteidigen und die Nachbarschaft zu stabilisieren. Anfang der „„Ohne die USA kann Europa nicht verteidigt werden““ weiterlesen
Wandeln zwischen Welt und Wut
DRESDEN. Warum schlug dem „Bürger“ hierzulande oft Skepsis entgegen, und wie steht es heute um ihn als politischem Akteur? Ein Gespräch mit dem Dresdener Politologen Maik Herold.
Bei Demonstrationen wie denen von Pegida und deren Gegnern nehmen Teilnehmer beider Lager für sich in Anspruch, ein Bürgerrecht auszuüben: politisch tätig zu sein. Die Diskussion zwischen den Schriftstellern Uwe Tellkamp und Durs Grünbein unter großer Bürgerbeteiligung kürzlich in Dresden über Meinungsfreiheit hat die Gemüter ebenfalls erregt. Sind das Zeichen für eine Renaissance des Bürgers als politischem Subjekt?
Von einer „Wiedergeburt“ ließe sich sprechen, wäre er zuvor „tot“ gewesen. Das sehe ich nicht. Denken Sie an die Friedliche Revolution von 1989 in der DDR, die von Bürgern ausging, auch wenn unter ihnen wohl mehr Maurer und Krankenschwestern waren als Architekten und Ärzte. Der seit jeher facettenreiche Bürgerbegriff beschreibt heute weniger eine gesellschaftliche Klasse und ist „Wandeln zwischen Welt und Wut“ weiterlesen
Was ist konservativ, was rechts? Chemnitzer Politologen im Gespräch: Teil II
CHEMNITZ. Konservative Wissenschaftler, Publizisten, Intellektuelle haben nach dem Zweiten Weltkrieg in der frühen Bundesrepublik den Neuanfang gewagt, auf den sie in der DDR keinen Einfluss hatten. Ein Gespräch (Teil I: hier) über Denktraditionen, die Abkehr davon und darüber, was das mit der Neuen Rechten zu tun hat – mit den Chemnitzer Politologen Frank Schale und Sebastian Liebold, die zum Thema einen Sammelband publiziert haben.
Warum ignoriert – oder verachtet – die Neue Rechte die Erfahrungen vieler Konservativer, die nach 1945 ihren Frieden machten mit Parteiendemokratie, Gewaltenteilung und Minderheitenrechten?
Frank Schale: Weil die Neue Rechte nicht konservativ ist. Sie will verteidigen, was es nie gab: die Einheit des Abendlandes. In der frühen Bundesrepublik haben sich Konservative schnell von solchen Romantizismen verabschiedet. Die Mehrheit der Neuen Rechten folgt nicht traditionellen konservativen Denkern wie Edmund Burke. Sie ist Wiedergängerin der Konservativen „Was ist konservativ, was rechts? Chemnitzer Politologen im Gespräch: Teil II“ weiterlesen
Was ist konservativ, was rechts? Chemnitzer Politologen im Gespräch: Teil I
CHEMNITZ. Konservative Wissenschaftler, Publizisten, Intellektuelle haben in der frühen Bundesrepublik den Neuanfang gewagt. Ein Gespräch (Teil II: hier) über Denktraditionen, ideologische Brüche und darüber, was das mit der Neuen Rechten zu tun hat – mit den Chemnitzer Politologen Sebastian Liebold und Frank Schale, die im Nachgang einer wissenschaftlichen Tagung zum Thema einen Sammelband publiziert haben.
Was verbindet konservative Intellektuelle in der Nachkriegszeit?
Frank Schale: Der Wunsch nach einer Bestandsaufnahme, die Nationalsozialismus und Weimarer Republik kritisch reflektiert. Welche Traditionsbestände sind noch haltbar? Wie soll ein neuer Staat, die künftige Gesellschaft beschaffen sein?
Sebastian Liebold: Ganze Lebenswelten, auch das Selbstbewusstsein, ist bei vielen obsolet geworden. Kriegsende, Vertreibung, deutsche Teilung führen zu ideologischen Verwerfungen, die eine Neuorientierung erfordern, obwohl man sich nach Kontinuität „Was ist konservativ, was rechts? Chemnitzer Politologen im Gespräch: Teil I“ weiterlesen
Volkswirt: „Häuser im Bauhausstil werden Problemimmobilien der 2030er-Jahre“
CHEMNITZ/DRESDEN. Architektur schafft Lebensqualität – so lautet zumindest das Motto des Tages der Architektur Ende Juni in Sachsen. Doch in der Realität herrscht bei Ein- und Mehrfamilienhausneubauten seit Jahren der Bauhaustypus vor. Meist hat er große Fenster, eine weiße Fassade, dazu ein Flachdach. Ein Gespräch mit dem Volkswirt Friedrich Thießen von der TU Chemnitz, der mit seinen Mitarbeitern vier Befragungen in vier Städten „Volkswirt: „Häuser im Bauhausstil werden Problemimmobilien der 2030er-Jahre““ weiterlesen
Der Populist, ein Demokrat?
DRESDEN. Das Schlagwort vom „Populisten“ ist in aller Munde. Was den einen als selbstbewusster Ausweis von Volksnähe dient, verwenden andere gegen sie. Ein Gespräch mit dem Politologen Steven Schäller von der Technischen Universität Dresden über Freund-Feind-Denken auf beiden Seiten, das nur selten eine vorurteilsfreie Diskussion möglich macht.
Wer die öffentliche Debatte verfolgt, muss zu dem Schluss kommen: Populismus ist gefährlich. Warum?
Das liegt im Auge des Betrachters. Fakt ist, dass die umgangssprachliche Verwendung dieses Begriffs, gern mit dem Präfix „Rechts“, meist darauf aus ist, zu diffamieren. Natürlich sind Wissenschaftler auch nur Menschen, die sich bei ihrer Arbeit, ähnlich wie Journalisten, oft schwertun, die eigene Einstellung außen vor zu lassen. Das ist das eine. Das andere: Den Populismus gibt es nicht, also gibt es auch nicht die eine Definition „Der Populist, ein Demokrat?“ weiterlesen
„Der erste Reflex muss sein: sich in Sicherheit zu bringen“
Nach dem Angriff eines Asylbewerbers auf Reisende in einem Zug bei Würzburg hat Michael Kunze mit dem Gewalt-Deeskalationstrainer und Polizeiausbilder Heinz Kraft gesprochen. Dabei ging es um die Frage, wie man sich in einer vergleichbaren Bedrohungslage verhalten soll und ob Deutschland noch sicher „„Der erste Reflex muss sein: sich in Sicherheit zu bringen““ weiterlesen
Die Sehnsucht nach den „genialen Halbgebildeten“
Nun sind auch sie tot: die Zeitdeuter und Weltversteher Günter Grass und Fritz Joachim Raddatz. Es bleibt eine Leerstelle, sagen Wissenschaftler – trotz des Altkanzlers und Ersatzintellektuellen Helmut Schmidt „Die Sehnsucht nach den „genialen Halbgebildeten““ weiterlesen
„Jeder kämpft für seine Region“
Kreistagskandidaten Heinrich Douffet und Benjamin Karabinski über den demografischen Wandel und die Hausaufgaben in Mittelsachsen
FREIBERG. Am 25. Mai wird der mittelsächsische Kreistag gewählt. Dazu Bilanz gezogen haben nun der älteste und einer der jüngsten Kreisräte aus der zu Ende gehenden Wahlperiode. Ein Gespräch mit Heinrich Douffet (CDU), der am Wahltag seinen 80. Geburtstag feiert, und dem 32-jährigen Benjamin Karabinski (FDP).
Michael Kunze: Kreisrat Heinrich Douffet könnte Ihr Großvater sein, Herr Karabinski. Können Sie „„Jeder kämpft für seine Region““ weiterlesen
„Ich habe kein Verständnis für eine Neiddebatte“
Herr Oberbürgermeister Jung, in den vergangenen Wochen haben Bürgermeister aus dem Ruhrgebiet, durchweg mit SPD-Parteibuch, die bisherige Finanzierung des Aufbaus Ost in Frage gestellt. Können „„Ich habe kein Verständnis für eine Neiddebatte““ weiterlesen
Ein Leben im Widerspruch: Heute vor 300 Jahren wurde Friedrich II. geboren – und genauso lange hält er die Deutschen in Atem
Der Chemnitzer Historiker Frank-Lothar Kroll ist einer der renommiertesten Preußen-Fachleute. Er ist Vorsitzender der Preußischen Historischen Kommission. Seine zahlreichen „Ein Leben im Widerspruch: Heute vor 300 Jahren wurde Friedrich II. geboren – und genauso lange hält er die Deutschen in Atem“ weiterlesen