Konservative wollen sich dem gesellschaftlichen Wandel nicht verweigern, ihn aber verlangsamen, steuern. Ein neuer Sammelband, herausgegeben vom Dresdener Repräsentanten der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, Joachim Klose, und dem einstigen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert, gibt Aufschluss darüber, wie.
DRESDEN. Was ist konservativ, wer, wozu? Woran lässt sich konservative Politik ablesen? Seit selbst der einst dem Maoismus nahestehende baden-württembergische Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann für „eine neue Idee des Konservativen“ wirbt, ist Verwirrung über diese und andere Fragen naheliegend, wird das Dilemma der Konservativen deutlich, die, parteipolitisch jahrzehntelang vorrangig an die Union gebunden, zwischen AfD, Grünen und – wie Thüringen zeigt – manchmal auch der Linkspartei zerrieben zu werden drohen.
Ein neuer Sammelband, herausgegeben vom sächsischen Landesbeauftragten der Adenauerstiftung, Joachim Klose, sowie von Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert, nimmt nun Anlauf, verlorenes Terrain zurückzuerobern. Klose und Lammert suchen nach einem modernen, gar progressiven Konservatismus. Das wirkt zunächst arg glatt, verdeutlicht aber die Herausforderung, vor „Runter vom Gas!“ weiterlesen →
Der Journalist Johann Michael Möller erkundet eine „politische Himmelsrichtung“ und begibt sich dabei auf die Spuren einer Sehnsucht nach kultureller Selbstbehauptung und der Wiedergewinnung der eigenen Vergangenheit – 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution in den nicht mehr neuen Bundesländern wie auch jenseits von Oder und Neiße.
DRESDEN. Die Hoffnungen, mit denen der Osten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nach Westen blickte, waren groß – und umgekehrt. Das ist passé. Der Westen hat den Osten abgeschrieben, scheint es. Für den Osten hat der Westen seinen Modellcharakter verloren. Er ist auf der Suche nach einem eigenen Weg auf der Basis eigener Erfahrungen, für die sich im Westen wenige interessieren. Stattdessen dominiert dort die Wahrnehmung als Problemgebilde.
Johann Michael Möllers Essay schildert nach dem ökonomischen und weltanschaulichen Zusammenbruch die Sehnsucht des Ostens nach kultureller Selbstbehauptung und dem Wunsch nach Wiedergewinnung der eigenen Vergangenheit. Die wird dominiert von der Sehnsucht nach Kontrolle über das eigene Leben. Längst überblenden kulturelle Problemwahrnehmungen ökonomische, die aber nicht verschwinden. „Der Osten ist kein defizitäres Beitrittsgebiet“ weiterlesen →
Gehören Juden heute zu Deutschland? Das fragt ein in Berlin aufgewachsener Israeli in seinem neuen Buch. Wegen des Antisemitismus in der Hauptstadt wanderte er einst aus.
DRESDEN/ZWICKAU. In Leipzig, Zwickau, Dresden, Bad Muskau ist der 41-Jährige im Herbst auf Lesereise gewesen. Arye Sharuz Shalicar, in Göttingen geborener und in Berlin-Spandau und ‑Wedding „„Verpiss Dich aus unserm Bezirk!““ weiterlesen →
Die toskanische Stadt Siena birgt in ihrem Palazzo Pubblico ein epochales Wandbild, dessen politische Botschaft bis in die Gegenwart weist. Der Historiker Patrick Boucheron hat das sogenannte Fresko der Guten Regierung nun neu gedeutet. Was hat es uns heute zu sagen?
SIENA. Der amerikanische Politologe Francis Fukuyama war es, der mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion das „Ende der Geschichte“ gekommen sah – und dafür Prügel bezog. Denn das von ihm vorausgesagte weltumspannende Friedenszeitalter aus dem Geiste von Liberalismus und Marktwirtschaft ist ausgeblieben. Ambrogio Lorenzetti sah schon vor 680 Jahren für derlei Euphorie keinen Anlass, als der Maler im Palazzo Pubblico der toskanischen Stadt Siena ein für die politische wie die Kunstgeschichtsschreibung epochales Werk schuf. Der französische Historiker Patrick Boucheron hat es nun neu gedeutet. Nicht nur Fachleuten ist es als allegorisches „ ‚Fresko‘ der Guten Regierung“ ein Begriff, obwohl es die „Schlechte“ noch eindrücklicher beschreibt.
Der am Pariser Collège de France lehrende Autor hat die auf drei Wänden einer Ratsstube angebrachte, mittelaltertypisch reich codierte und so für heutige Betrachter nicht einfach zu „lesende“ Arbeit, an der sich „Die eine Welt als Fluchtpunkt“ weiterlesen →
Der Journalist Ulrich Greiner will Verständnis dafür, dass Demokratie kompliziert ist – und dabei auf den Wettstreit zwischen beiden Polen des politischen Spektrums angewiesen.
BERLIN. Wo es Linke, Progressive gibt, muss es Rechte, Konservative geben dürfen – und sie müssen gleichberechtigt vernehmbar sein im öffentlichen Diskurs. Davon ist Ulrich Greiner, früher Feuilletonchef der „Zeit“, überzeugt. Die Realität sei aber eine andere: Das politische Spektrum jenseits der Extremismen, schreibt er in der Streitschrift „Heimatlos. Bekenntnisse eines Konservativen“, werde medial nicht mit gleichem Maßstab ausgeleuchtet. Dabei bekennt der 72-Jährige, nie CDU noch Liberale gewählt zu haben, sondern vorrangig SPD und Grüne. Spät wurde er konservativ – und macht nun eine Tendenzwende aus in der Bundesrepublik, die zutage trete etwa in der Entstehung von Pegida oder AfD-Wahlerfolgen.
Überall Angst – nicht nur bei Anhängern der „Patriotischen Europäer“, auch in Parteien und der „kommentierenden Klasse in den Medien“, der er selbst angehörte. Für letztere stehe die Macht auf dem Spiel, die in der Öffentlichkeit geltenden „Wenn Konservative heimatlos werden“ weiterlesen →
Andreas Püttmann zeigt in einer kleinen, doch aufschlussreichen Studie: Katholiken fristen hierzulande keine Nischenexistenz – und das ist, zumal nicht mehr selbstverständlich, gut so.
DRESDEN. Mehrheiten sind dumm, hat der Publizist Hans Conrad Zander geschrieben – und die Erklärung mitgeliefert: Denn eine Denken und Wahrnehmung betreffende Vormacht kennzeichne, “dass sie sich selber nicht infrage stellt“. Im Mittelalter habe man das etwa am Auftreten der katholischen Kirche erkennen können, die Teile der Wirklichkeit ausblendete, die nicht ins von ihr dominierte Schema passten, so Zander. Doch wie steht es heute? Hier, nicht nur in Sachsen. “Seitenverkehrt“ im Umgang der konfessionslosen Mehrheit und einer größeren Minderheit von Protestanten mit der katholischen Kirche, der im Freistaat keine vier Prozent der vier Millionen Bürger angehören, deutschlandweit mit 24 Millionen aber gut ein Viertel.
Unter dem Titel „Wie katholisch ist Deutschland … und was hat es davon?“ legt der Publizist und promovierte Politikwissenschaftler Andreas Püttmann eine “kleine katholische ‘Leistungsschau‘“ vor. Angesichts dieses Anspruchs mag sich mancher die Augen reiben – nach dem Motto: Wer braucht und wen interessiert sowas? Hier.
Das anspruchsvoll, aber flott geschriebene Werk liefert eine Übersicht über den katholischen Beitrag zu unserer Republik, die der „Minderheit mit Wirkung“ weiterlesen →
Der Politologe Claus Leggewie hat ein Buch wider die „autoritäre Welle“ und für ein Europa der Vielfalt geschrieben – denkwürdig und streitbar.
BRÜSSEL. Migrationskrise, Reformstau, abgehängte Regionen – alle reden über Europa. Viele meinen dabei „Brüssel“, die EU-Institutionen, assoziieren Handlungsunfähigkeit, Überregulierung, schlechte Infrastruktur, während Trump „America first!“ skandiert oder Le Pen „France d’abord!“. Und dies bei Wahlen erfolgreich.
Das Vertrauen in ein geeintes Europa scheint in dem Maße zu schwinden, wie die Erlebnisgeneration des Zweiten Weltkriegs abtritt. Oder wird der Kontinent eingeholt von seinem ökonomischen Erfolg, seit diejenigen, die auf der Südhalbkugel vorrangig die Kosten dafür zahlen, ihr Stück vom Kuchen abhaben wollen und zu uns kommen? In Südeuropa ist die Jugendarbeitslosigkeit ohnehin hoch, dazu wachsende Altersarmut, Städte, in denen Kriminalität grassiert und Angst vor islamistischem Terror, Parallelgesellschaften und Schulen, die abgeschrieben sind. Die Welle der Angst schwappt hoch – und die Höckes und Gaulands reiten sie, schreibt Claus Leggewie in „Europa – trotz alledem?“ weiterlesen →
„Sie kennen mich!“, warb Angela Merkel vor vier Jahren um ihre Wiederwahl. Aber stimmt das? 22 Publizisten und Wissenschaftler gehen Politik und Person der Kanzlerin auf den Grund – multiperspektivisch und polemisch.
BERLIN/MÜNCHEN. Angela Merkel – das ist die Frau ohne Kompass, die in der DDR Angepasste, nun autoritäre Parteivorsitzende, machtpolitisch zwar versierte, aber auch ideologisch-planwirtschaftlich „Die Unbekannte“ weiterlesen →
Der Journalist Michael Angele hat ein Buch über Zeitungsleser geschrieben, die der papiernen Form den Vorzug geben. Und über das Zeitungssterben. Herausgekommen ist ein Plädoyer gegen inhaltliche Verflachung und das Vulgäre in Neuen Medien.
CHEMNITZ. Eine Zeitung war Zugang zur Welt, ein Stück Heimat auch – bis hin zum raschelnden Geräusch beim Umblättern der Seiten – und gleichzeitig
Der Leipziger Journalist und Politologe Uwe Krüger hat ein Buch geschrieben über die deutsche Medienlandschaft und deren Verhältnis zu Lesern, Hörern, Zuschauern. Es ist die Geschichte einer Vertrauenskrise mit vielfältigen Ursachen.
CHEMNITZ. „Dass in den Medien gelogen wird, ist an der Tagesordnung“, schrieb mir kürzlich ein Freund. Endzwanziger und TU-Freiberg-Absolvent. Polyglott, intelligent, attraktiv. Keiner, der es zu nichts gebracht hätte, der mit dem Leben hadert. Stattdessen postet er auf Facebook Fotos von Türkeiurlauben, von Besuchen mit Freunden in der tschechischen In-Metropole Prag oder solche, die er im Hubschrauber schießt, während der über den Grand Canyon fliegt.
Wie begründet er aber den seiner Meinung nach durch namhafte Medien verursachten Vertrauensbruch? „Weil sie nicht ausgewogen berichten“, so der junge Mann – und nennt den Irakkrieg als Beispiel oder Berichte über den Gaddafi-Sturz in Libyen, die Lage in Syrien, den Ukrainekonflikt. Ständig werde auf angebliche Russlandversteher wie „Lücken und Tendenzen statt Lügen und Gleichschaltung“ weiterlesen →
Die DDR förderte berufstätige Frauen, jedoch nicht nur zur Gleichberechtigung. Ihre Arbeitskraft war dringend erforderlich. In welchem Zwiespalt sich dabei Unternehmerinnen befanden, zeigt eine neue Studie.
CHEMNITZ. Irmgard Fuhrmann, Ulrike Kaufmann und die 2010 verstorbene Eleonore Vogel hatten eines gemeinsam: Sie kämpften auch in der DDR „in einer von Männern dominierten Welt“. Damit waren sie zwar nicht allein. Die meisten Frauen mussten sich aber nicht „gegen das Leitbild des ‚Ausbeuters‘“ wehren. Diese Rolle, schreiben der Paderborner Wirtschaftswissenschaftler Peter Becker und der Politologe Sebastian Liebold von der TU Chemnitz, war unter ihnen den Unternehmerinnen vorbehalten. Unter dem Titel „Kleiner Markt im großen Plan – drei Unternehmerinnen in der DDR“ skizzieren die Forscher Leben und Arbeit der Querfurter Weinhändlerin Fuhrmann, der Inhaberin eines Chemnitzer Medizintechnikvertriebs, Kaufmann, und der Druckereibesitzerin Vogel aus Schwarzenberg unter „„Können Sie nicht Ihren Chef schicken?““ weiterlesen →