FRANKFURT/DRESDEN. Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls blickt der Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebach zurück und voraus: wo und wie er den Mauerfall 1989 erlebte und die Jahre seit der deutschen Wiedervereinigung. Außerdem gibt der 68 Jahre alte Büchner- und Kleistpreisträger Auskunft darüber, was für ihn Europa mit der Europäischen Union zu tun hat und welche Rolle „„Mein Bild von Europa hat mit der aktuellen Organisationsform wenig zu tun““ weiterlesen
Schlagwort: Europäische Union
„Ohne die USA kann Europa nicht verteidigt werden“
CHEMNITZ. Da Amerika seine Schwerpunkte verlagert, muss Deutschland seine Rolle in der internationalen Politik neu bestimmen. Ist das Land dazu angesichts von Migration und Chinas Drängen nach Weltgeltung gewappnet? Ein Gespräch mit der Politologin Beate Neuss.
Donald Trump interessiert sich nicht für Europa. Was diejenigen gut finden, die den amerikanischen Einfluss kritisieren, treibt anderen Sorgenfalten auf die Stirn angesichts dessen, dass Deutschland und die EU mehr Verantwortung erwartet. Wie sehen Sie es?
Seit der Wiedervereinigung und dem Zerfall der Sowjetunion sagen US-Politiker: Unsere Aufgabe in Europa ist erledigt: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Marktwirtschaft haben sich durchgesetzt. Eine EU mit 510 Millionen Einwohnern und einem den USA vergleichbaren Bruttoinlandsprodukt, dazu 1,2 Millionen Soldaten, verteilt auf 28 Staaten, muss imstande sein, sich selbst zu verteidigen und die Nachbarschaft zu stabilisieren. Anfang der „„Ohne die USA kann Europa nicht verteidigt werden““ weiterlesen
Wandeln zwischen Welt und Wut
DRESDEN. Warum schlug dem „Bürger“ hierzulande oft Skepsis entgegen, und wie steht es heute um ihn als politischem Akteur? Ein Gespräch mit dem Dresdener Politologen Maik Herold.
Bei Demonstrationen wie denen von Pegida und deren Gegnern nehmen Teilnehmer beider Lager für sich in Anspruch, ein Bürgerrecht auszuüben: politisch tätig zu sein. Die Diskussion zwischen den Schriftstellern Uwe Tellkamp und Durs Grünbein unter großer Bürgerbeteiligung kürzlich in Dresden über Meinungsfreiheit hat die Gemüter ebenfalls erregt. Sind das Zeichen für eine Renaissance des Bürgers als politischem Subjekt?
Von einer „Wiedergeburt“ ließe sich sprechen, wäre er zuvor „tot“ gewesen. Das sehe ich nicht. Denken Sie an die Friedliche Revolution von 1989 in der DDR, die von Bürgern ausging, auch wenn unter ihnen wohl mehr Maurer und Krankenschwestern waren als Architekten und Ärzte. Der seit jeher facettenreiche Bürgerbegriff beschreibt heute weniger eine gesellschaftliche Klasse und ist „Wandeln zwischen Welt und Wut“ weiterlesen
Wenn Konservative heimatlos werden
Der Journalist Ulrich Greiner will Verständnis dafür, dass Demokratie kompliziert ist – und dabei auf den Wettstreit zwischen beiden Polen des politischen Spektrums angewiesen.
BERLIN. Wo es Linke, Progressive gibt, muss es Rechte, Konservative geben dürfen – und sie müssen gleichberechtigt vernehmbar sein im öffentlichen Diskurs. Davon ist Ulrich Greiner, früher Feuilletonchef der „Zeit“, überzeugt. Die Realität sei aber eine andere: Das politische Spektrum jenseits der Extremismen, schreibt er in der Streitschrift „Heimatlos. Bekenntnisse eines Konservativen“, werde medial nicht mit gleichem Maßstab ausgeleuchtet. Dabei bekennt der 72-Jährige, nie CDU noch Liberale gewählt zu haben, sondern vorrangig SPD und Grüne. Spät wurde er konservativ – und macht nun eine Tendenzwende aus in der Bundesrepublik, die zutage trete etwa in der Entstehung von Pegida oder AfD-Wahlerfolgen.
Überall Angst – nicht nur bei Anhängern der „Patriotischen Europäer“, auch in Parteien und der „kommentierenden Klasse in den Medien“, der er selbst angehörte. Für letztere stehe die Macht auf dem Spiel, die in der Öffentlichkeit geltenden „Wenn Konservative heimatlos werden“ weiterlesen
Europa – trotz alledem?
Der Politologe Claus Leggewie hat ein Buch wider die „autoritäre Welle“ und für ein Europa der Vielfalt geschrieben – denkwürdig und streitbar.
BRÜSSEL. Migrationskrise, Reformstau, abgehängte Regionen – alle reden über Europa. Viele meinen dabei „Brüssel“, die EU-Institutionen, assoziieren Handlungsunfähigkeit, Überregulierung, schlechte Infrastruktur, während Trump „America first!“ skandiert oder Le Pen „France d’abord!“. Und dies bei Wahlen erfolgreich.
Das Vertrauen in ein geeintes Europa scheint in dem Maße zu schwinden, wie die Erlebnisgeneration des Zweiten Weltkriegs abtritt. Oder wird der Kontinent eingeholt von seinem ökonomischen Erfolg, seit diejenigen, die auf der Südhalbkugel vorrangig die Kosten dafür zahlen, ihr Stück vom Kuchen abhaben wollen und zu uns kommen? In Südeuropa ist die Jugendarbeitslosigkeit ohnehin hoch, dazu wachsende Altersarmut, Städte, in denen Kriminalität grassiert und Angst vor islamistischem Terror, Parallelgesellschaften und Schulen, die abgeschrieben sind. Die Welle der Angst schwappt hoch – und die Höckes und Gaulands reiten sie, schreibt Claus Leggewie in „Europa – trotz alledem?“ weiterlesen
Alexander Gauland: Der Dom muss Dom bleiben
Inhaltlich heiß, in der Form eher wohltemperiert haben am Dienstagabend der AfD-Vize und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, in Dresden miteinander über die „Angst ums Abendland“ gestritten.
DRESDEN. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, ist zu einem Streitgespräch mit AfD-Bundesvize Alexander Gauland zusammengetroffen, nachdem das ZdK zum Katholikentag in Leipzig Vertretern der Partei noch den Zutritt zu Podien verwehrt hatte. Zu der Veranstaltung am Dienstag „Alexander Gauland: Der Dom muss Dom bleiben“ weiterlesen
Alte Geister mit neuen Strategien
Seit rund 100 Tagen regiert die Partei Recht und Gerechtigkeit in Polen – und ist dabei, die Institutionen umzubauen. Heute kommt die neue Regierungschefin Beata Szydlo zum Antrittsbesuch nach Berlin. Warum aber kritisiert die polnische Führung seit Monaten alte Eliten im eigenen Land, dazu die EU und Deutschland?
CHEMNITZ. Sandra Kranich hat der Wahlsieg von Recht und Gerechtigkeit (PiS) nicht gewundert. Seit 2007 lebt sie in Deutschland, wurde jedoch in Polen geboren „Alte Geister mit neuen Strategien“ weiterlesen
Dresden, 17. März 2014
„Was ist, wenn Europa fällt? Was ginge dann – in spenglerscher Diktion – (noch) unter?“ So fragte Karl zu Schwarzenberg, Tschechiens früherer Außenminister, nicht. Er diagnostizierte vielmehr: „Europa ist in Gefahr.“ Während die Mehrheit des Publikums – um die 350 Gäste waren der Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung in die Dreikönigskirche gefolgt – dabei an die derzeitige Krise zwischen Ukraine und Russland gedacht haben mag, führte sie Schwarzenberg, der 1937 in Prag geborene Nachfahre des Oberbefehlshabers der antinapoleonischen Truppen in der Völkerschlacht, auf eine andere Fährte. Zu sich und gegen sich als Europäer, ließe sie sich beschreiben. Wenn Europa scheitere, lautete sein Credo, dann nicht an einem antiliberalen Russland, das den Europäern derzeit für ihre eigene Unentschlossenheit, ihre über Jahrzehnte gefährlich einseitige Orientierung an Konsum und „Dresden, 17. März 2014“ weiterlesen