„Farbe ist nach wie vor Trumpf“

Der Schwa­be Wolf­gang Jass­ner hat in Chem­nitz die Unter­wä­sche­mar­ke Bru­no Bana­ni gegrün­det – seit fast 20 Jah­ren ist er erfolgreich.

CHEMNITZ. Als Wolf­gang Jass­ner 1992 aus Baden-Würt­tem­berg in die neu­en Bun­des­län­der wech­selt, arbei­ten dort noch 320 000 Men­schen in der Tex­til­in­dus­trie. Dann setzt ein bei­spiel­lo­ser Ader­lass ein, der auch damit zusam­men­hängt, dass die Bran­che die Zei­chen der Zeit ver­schla­fen hat: Weder wird zu wett­be­werbs­fä­hi­gen Prei­sen gelie­fert, noch wer­den Pro­duk­te pro­du­ziert, die der Markt nach­fragt. Wer jen­seits der Elbe den Nie­der­gang des gesam­ten Indus­trie­zweigs über­steht, gehört heu­te zu den gera­de ein­mal 15 000 Men­schen, die noch in der Bran­che tätig sind. Dau­er­haft über den Berg ist nur, wer die Kos­ten nied­rig hält, Arti­kel her­stellt, die Allein­stel­lungs­merk­ma­le auf­wei­sen – und dies mit einem Mar­ken­auf­tritt ver­bin­det, der mit den Wer­be­etats von Bran­chen­grö­ßen wie Hugo Boss oder Cal­vin Klein mit­hal­ten kann.

Bru­no Bana­ni ist dar­in früh erfolg­reich, deckt als jun­ge Mar­ke zunächst für Desi­gner-Her­ren­un­ter­wä­sche und tren­di­ge Bade­mo­de Markt­lü­cken auf – und weiß sich in Sze­ne zu set­zen. „Not for ever­y­bo­dy“, lau­tet das unmiss­ver­ständ­li­che Cre­do der Süd­westsach­sen mit schwä­bi­scher Füh­rung. „Wir woll­ten ori­gi­nell sein – und es blei­ben, mit fre­chen Aktio­nen auf uns auf­merk­sam machen“, sagt Jass­ner. Er weiß, dass er mit sei­nem Unter­neh­men längst den Beweis dafür erbracht hat, dass in der Wäsche­bran­che hier­zu­lan­de noch Geld ver­dient wer­den kann, sogar dann, wenn sie gro­ßen­teils in Deutsch­land fer­tigt. Jass­ner, inzwi­schen älter als 70 Jah­re, ver­birgt das frei­lich geschickt hin­ter der sprich­wört­li­chen schwä­bi­schen Bescheidenheit.

Der Erfolgs­kurs des Hau­ses ist dabei ganz wesent­lich sein Ver­dienst: Seit Mit­te der neun­zi­ger Jah­re las­sen sich Jass­ner und sei­ne Mar­ke­ting­crew immer wie­der auf­se­hen­er­re­gen­de „Extrem­tests“ ein­fal­len, mit deren Hil­fe das Mit­tel­ba­cher Unter­neh­men, das 1999 ins nahe Chem­nitz umzieht, auf sich auf­merk­sam macht. 1996 durch­quert der Aben­teu­rer Achill Moser die Wüs­te von Jeru­sa­lem nach Sim­bab­we, beim Extrem­sport Eco Chal­len­ge, einer Art Tri­ath­lon, schickt Bru­no Bana­ni 1997 die deut­sche Mann­schaft über 500 Kilo­me­ter durch den aus­tra­li­schen Urwald – stets in den neu­es­ten Unter­ho­sen des Hau­ses. Als die Chem­nit­zer 1998 die Besat­zung der rus­si­schen Raum­sta­ti­on „Mir“ mit Unter­wä­sche aus­stat­ten, gelingt deutsch­land­weit der Durch­bruch in Sachen öffent­li­cher Auf­merk­sam­keit, weni­ge Jah­re spä­ter wird Bana­ni-Wäsche am Ber­mu­da­drei­eck versenkt.

Als jüngs­ter Coup des Unter­neh­mens gilt die Unter­stüt­zung des als „Rodel-König von Ton­ga“ bekannt­ge­wor­de­nen Bob­fah­rers Bru­no Bana­ni, der jedoch 1987 als Fuahea Semi gebo­ren wur­de und sich erst 2008 auf Initia­ti­ve einer kali­for­ni­schen Wer­be­agen­tur umbe­nann­te. Von der Namens­än­de­rung wol­len die Wäsche­leu­te – damals jeden­falls – nichts gewusst haben. Zuletzt aber spon­ser­ten sie den Sport­ler und wol­len ihn, trotz der unkla­ren Hin­ter­grün­de des Namens­wech­sels, 2014 zu den Olym­pi­schen Spie­len ins rus­si­sche Sot­schi bringen.

Eine Wer­be­ak­ti­on jagt die nächs­te. Stets ist den Chem­nit­zern Medi­en­re­so­nanz sicher. 60 Pro­zent der wer­be­re­le­van­ten Grup­pe in Deutsch­land ken­nen nach Unter­neh­mens­an­ga­ben die Mar­ke. Der Markt­an­teil allein im Bereich Design-Unter­wä­sche, der längst auch eine in Lizenz pro­du­zier­te Damen­kol­lek­ti­on umfasst, beträgt hier­zu­lan­de 20 Pro­zent. Die Schnit­te ent­wirft ein Mai­län­der Büro, hoch­wer­ti­ge Stof­fe kom­men aus Ita­li­en und Spa­ni­en, die neue Wer­be­li­nie wird in Bra­si­li­en foto­gra­fiert. Nichts bleibt dem Zufall über­las­sen, das Geschäft ist schnell­le­big. Wer Trends ver­schläft, wird abgehängt.

Die Wachs­tums­ra­ten zei­gen, dass Bru­no Bana­ni früh auf der Über­hol­spur fährt. Im Grün­dungs­jahr wird schon die ers­te Mil­li­on umge­setzt, 1994 sind es dann 3 Mil­lio­nen Euro, im Fol­ge­jahr sogar 6 Mil­lio­nen Euro. So geht es wei­ter, Jahr für Jahr. 2011 erwirt­schaf­tet die Mar­ke 96,5 Mil­lio­nen Euro; wich­ti­ge Aus­lands­märk­te sind Russ­land und Skan­di­na­vi­en. In drei bis fünf Jah­ren könn­te Süd­ame­ri­ka dazu­kom­men, das beson­ders im Duft­ge­schäft – im Gegen­satz zu Asi­en – schon jetzt gute Geschäf­te verspreche.

Früh sieht Jass­ner das Poten­ti­al von Lizenz­ver­ga­ben – zum Bei­spiel an den Otto-Kon­zern -, um sei­nen Betrieb wei­ter nach vorn zu brin­gen. „Wir haben Lizen­zen ver­ge­ben für Düf­te, Bril­len und Son­nen­bril­len, Uhren und Schmuck, Taschen, Ruck­sä­cke, Müt­zen, Schu­he und Hand­tü­cher. Sie machen mehr als die Hälf­te des Mar­ken­um­sat­zes aus“, bekennt er. Dabei gab es auch Rück­schlä­ge: Eine Möbel­li­nie schei­tert, als der Lizenz­neh­mer, ein mit­tel­stän­di­scher Möbel­her­stel­ler, Insol­venz anmel­den muss. Die ers­ten Wer­be­pla­ka­te waren da längst geklebt. Zurück­leh­nen kann sich Jass­ner im Lizenz­ge­schäft ohne­hin nicht, dem er künf­tig sogar noch mehr Auf­merk­sam­keit wid­men will. 2011 wur­de im Vor­stand der Pos­ten eines Ver­kaufs­di­rek­tors für das ope­ra­ti­ve Geschäft geschaf­fen. „Unse­re Mar­ke muss in Form blei­ben, wenn sie für Lizenz­neh­mer inter­es­sant blei­ben soll. Im Wäsche­be­reich zum Bei­spiel ist Far­be nach wie vor Trumpf“, erläu­tert Jassner.

Auch die Nach­fol­ge­fra­ge hat Jass­ner im Blick: Sein Sohn Jan ist 39 Jah­re alt und seit Jah­ren am Stamm­sitz in füh­ren­der Funk­ti­on tätig. Er ist mit einer Säch­sin ver­hei­ra­tet und längst mit sei­nen Kin­dern in Chem­nitz, wäh­rend der Vater seit zwei Jahr­zehn­ten zwi­schen dem Frei­staat und der Schwä­bi­schen Alb pen­delt. Mit Jens Jass­ner ist auch der ande­re Spross der Fami­lie ins Unter­neh­men ein­ge­stie­gen. Der 40 Jah­re alte Sohn ver­ant­wor­tet das Onlinegeschäft.

Trotz aller Erfol­ge: Bru­no Bana­ni stemmt sich gegen einen lang­jäh­ri­gen Trend, dem zufol­ge sich die Pro­duk­ti­on von Tex­ti­li­en, zumal von Wäsche, in Deutsch­land kaum noch lohnt. „Made in Chi­na“ oder Sri Lan­ka steht auf fast allen Eti­ket­ten von Wäsche­stü­cken gro­ßer Mar­ken. Fast aus­nahms­los. „Über Jahr­zehn­te kann­te die Ent­wick­lung der Tex­til­pro­duk­ti­on nur eine Rich­tung: weg aus Deutsch­land“, sagt Jass­ner in der Rück­schau auf ein lan­ges Berufs­le­ben. Wäh­rend sei­nes Stu­di­ums sei­en noch 90 Pro­zent der hier­zu­lan­de ver­kauf­ten Unter­ho­sen in Deutsch­land pro­du­ziert wor­den. „Heu­te sind es noch 5 Pro­zent“, sagt er. Auch Jass­ner hat mit Fern­ost expe­ri­men­tiert. Wäsche in Schwarz oder Weiß ließ er in Chi­na fer­ti­gen, Mehr­fach­ver­pa­ckun­gen eben­so. „Auf man­chen Fel­dern sind wir hier nicht mehr wett­be­werbs­fä­hig“, gesteht er.

In jüngs­ter Zeit hat der Unter­neh­mer aber ein Umden­ken aus­ge­macht, nicht nur in sei­ner Bran­che. Den eige­nen Betrieb nimmt Jass­ner davon nicht aus: „Wir wer­den ein­far­bi­ge Wäsche­stü­cke aus weni­ger anspruchs­vol­lem Mate­ri­al wie­der in Chem­nitz her­stel­len“, kün­digt er an. Chi­na sei viel teu­rer gewor­den, die Lie­fer­zei­ten blie­ben lang. Eine Pro­duk­ti­on im Aus­land sei weni­ger fle­xi­bel, um kurz­fris­ti­gen Trend­wen­den Rech­nung zu tra­gen. Die Sach­sen mit ita­lie­nisch anmu­ten­dem Namen müss­ten jedoch zeit­nah lie­fern – wie alle Textilbetriebe.

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