Erstmals in Asien. Um 1.30 Uhr erreiche ich die neue Hauptstadt des Landes. Von dem kleinen, aber modernen Flughafen geht es in die Innenstadt. Schnurgerade Magistralen, kilometerlang. Gleich einer Doppelperlenkette schmiegen sich links und rechts die Straßenlaternen an die Asphaltbahn. Sie durchschneidet geradezu erst die umliegende Steppe – kaum baumbestanden, soweit dies der Lichtschein zu erkennen gibt -, bevor sie ebenso unbarmherzig mit den plötzlich auftauchenden Hochhäusern verfährt. Eine ganze Stadt wurde hier seit 1997/98 neu errichtet, „generalbauplanmäßig“, wie es von offizieller Seite heißt. Das ganze Ausmaß der Überwältigungsarchitektur wird erst nach Sonnenaufgang deutlich. Sechs‑, acht‑, zehnspurige Schnellstraßen, die an die Aufmarschräume für Paraden in sozialistischen Großstädten erinnern. Dimension und Position von Präsidentenpalast und Parlament geben Auskunft über die politischen Verhältnisse im Land. Der Palast steht im Mittelpunkt eines weiten freien Feldes, überragt von einer mächtigen, weithin sichtbaren blauen Kuppel. Das Parlament hingegen wurde, entsprechend seiner verfassungsmäßigen Rechte, randständig positioniert. Zensierte und kontrollbewährte Stabilität seit der „Unabhängigkeit“ des Landes im Jahr 1991. Mir stellt sich unweigerlich die Frage, ob hier nicht vielmehr die eine gegen eine andere Abhängigkeit eingetauscht wurde. Der Wohlstand jedenfalls scheint im Land zu bleiben. Im Großen sieht es der Besucher nirgends mehr als in dieser Stadt, im Kleinen scheint es aber auch zu stimmen: Eine Lehrerin spricht, bei großen regionalen Unterschieden, mir gegenüber von umgerechnet 500 Euro Monatslohn, in der Ukraine sollen es bloß 300 sein. Die Bevölkerung Kasachstans gilt heute als eine der wohlhabendsten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Vor allem im Süden und Westen des Landes scheint die Stabilität jedoch jüngst gefährdet zu sein. In den letzten Jahren trafen immer wieder Nachrichten über Unruhen und Anschläge ein, wohl mit islamistischem Hintergrund. Die Sicherheitsvorkehrungen seien strenger geworden, sagt man uns. Allerorts Kameraüberwachung, das sehen wir selbst. Metalldetektoren stehen am Eingang eines jeden Hotels. Die Politik spricht seit einiger Zeit von „Zwischenfällen“ und gibt sich, auch um des eigenen Machterhalts willen, alarmiert. Mehrere Bombenanschläge vor zwei Jahren, die insgesamt 17 Menschenleben forderten, dürften Anlass genug gewesen sein zu verstärkter Wachsamkeit. Für Zweifel daran, dass dies die kasachische Bevölkerungsmehrheit anders sieht, gibt es während der Reise keinen Anlass.