Am zweiten Weihnachtstag feiert die Kirche das Fest des Hl. Stephanus, des Erzmärtyrers, der der Apostelgeschichte zufolge noch im Sterben für seine Verfolger gebetet haben soll. In seiner Predigt stellte der Priester in der Werdauer Kirche St. Bonifatius dazu eine Verbindung her zu der sogenannten Protestaktion einer Femen-Aktivistin im Kölner Dom. Sie war gestern während der Weihnachtsmesse, weitgehend entblößt, auf den Altar gesprungen und hatte „Ich bin Gott“ gerufen. Dem Priester jedoch ging es weniger um die Tat selbst, sondern um die Auseinandersetzung mit ihr, die im Internet folgte, um die Debatten in Foren und sozialen Netzwerken. Dort seien zweierlei Reaktionen zu beobachten gewesen: der altbekannte Hass auf die Kirche, der durch die scheinbare Anonymität des Internets eine Art Verstärker erhält, und der Hass mancher Christen auf die, die die Kirche hassten. „Das“, sagte er, „ist die alte Welt.“ Das, so ließe sich fortsetzen, ist weder Weihnachten noch die von Ostern her zu denkende Botschaft des Hl. Stephanus, deren Anfang im Weihnachtsfest zu suchen ist, als Gott selbst sich der Zeit, der irdischen Welt der Menschen unterworfen hat. Was nach „Köln“ aufbrandet, hat vermutlich wenig mit dem zu tun, was Stephanus vor Augen hatte, als er den Worten der Schrift zufolge rief: „Ich sehe den Himmel offen.“