
Der Prior des Wechselburger Benediktinerklosters, Pater Maurus Kraß, schaut trotz mancher Herausforderung während seines Dienstes in Kloster Ettal und an der Zwickauer Mulde dankbar auf 40 Jahre Priestertum zurück. Obendrein wirft ein großes geistliches Projekt für die Basilika verheißungsvolle Schatten voraus.
WECHSELBURG. Als vor Tagen einer der erfahrensten Kunsthistoriker Sachsens mit einer Reisegruppe an der Ostseeküste die Spuren Caspar David Friedrichs beschritt, die dieser in seiner Heimat hinterlassen hat, zog er auf der Rückfahrt dieses Fazit: „Es ist bemerkenswert“, sagte Harald Marx, langjähriger Direktor der Dresdner Galerie „Alte Meister“, „dass ein Maler, ohne dessen starke Religiosität sein Werk unverständlich bleibt, in einem vielerorts säkular gewordenen Land solche Neugier erzeugt.“
Thomas Kraß haben die großen Fragen des Lebens, Urerfahrungen, die auch Friedrich in seinen Werken thematisiert hatte, schon als Schüler in Karlsruhe bewegt. Doch wer meint, der 1959 dort Geborene habe sich im katholischen Baden verstanden gefühlt, irrt. In der Stadt, in der er mit den Eltern und der vier Jahre jüngeren Schwester aufgewachsen ist und das naturwissenschaftliche Gymnasium besuchte, nahm er unter Gleichaltrigen viel Unverständnis wahr. Der Jugendliche wurde belächelt. Nicht nur in der DDR, auch in den gesellschaftspolitisch turbulenten 1960er- und 70er-Jahren in der Bundesrepublik war das für Christen keine seltene Erfahrung, wiewohl sie im Westen nicht auf einer politisch verordneten Lehre fußte.
Der junge Mann fand allerdings nach seinem Eintritt in die 330 Kilometer entfernte Benediktinerabtei Ettal Sinnsuchende mit ähnlichen Anliegen. Seit mittlerweile zwölf Jahren wirkt er, der den Ordensnamen Maurus angenommen hat, nun im Tochterkloster in Wechselburg. Hier, in der romanischen Basilika, feiert der Wechselburger Prior am 6. Oktober, auf den Tag 40 Jahre nach der Priesterweihe, deren Jahrestag.
Die Mutter habe damals auf seinen Entschluss, ausgerechnet in das ferne Ettal einzutreten, mit Trauer reagiert. „Sie fürchtete, mich kaum mehr zu Gesicht zu bekommen“, sagt Maurus Kraß. Unvergessen und zum Schmunzeln angetan: die Reaktion der Schwester, als er ihr offenbarte, Mönch werden zu wollen. „Sie hielt das als Teenagerin für außerordentlich peinlich und fragte mich, wie sie das einmal ihrem Freund erklären solle.“ Heute heißt der Pater sie dankbar „beste Freundin“.
Kraß studierte Theologie in Freiburg, Würzburg, München. Im Jahre 1983 band er sich lebenslang an das Kloster. Zum Priester geweiht, folgte ein Germanistikstudium. 1991 wurde er Lehrer am Klostergymnasium, 1997 Schulleiter.
Gab es schwere Zeiten? Ja, sagt Pater Maurus, immer wieder. „Ich frage dann, wie kann es gut und besser weitergehen?“ 2010 legte er das Amt als Schulleiter nieder, um stellvertretend Verantwortung zu übernehmen für Missbrauchsvorwürfe gegen Mönche im angeschlossenen Internat, für das er nicht zuständig war; die Staatsanwaltschaft hat nie gegen ihn ermittelt. Er konnte als Schulleiter zurückkehren. Als herausfordernder hat er nur die Trauerbegleitung dreier Familien empfunden, deren Kinder in seiner Zeit am Gymnasium schweren Erkrankungen erlegen waren. Eltern hatten ihn um diesen Beistand gebeten. In Wechselburg ist er auch Priesterseelsorger, hilft Pfarrern, wieder zu Kräften zu kommen.
So nennt er auf die Frage danach, welche Themen ihn in 40 Jahren besonders begleitet haben, ausgerechnet Krankheit, Sterben, Tod. Während manche Priester – jeder Mensch hat Gaben, die andere erkennen – häufig gefragt würden, ob sie diese Taufe, jene Trauung vornehmen können, seien es bei ihm vorrangig traurige Anlässe gewesen. Anfangs habe ihn das bedrückt. Später reifte die Einsicht, dass gerade dies ein Teil seiner Berufung ausmache, die Kinder spürten wie Alte, Katholiken wie Angehörige anderer Konfessionen oder kirchlich Ungebundene – so, wie sich bei vielen Ergriffenheit einstellt bei der Betrachtung eines Friedrich-Gemäldes.
Ob er sich zum Jubiläum etwas wünsche? „Nichts für mich“, sagt der Pater. Wer indes kann, möge für die Basilika spenden, für deren Seitenschiff derzeit ein neuer Altar entsteht. Das Gemälde, das ihn zieren soll, zeigt die Patronin der neugegründeten Großpfarrei, die Heilige Teresa Benedicta vom Kreuz, besser bekannt unter ihrem bürgerlichen Namen Edith Stein. Geschaffen wird es von keinem Geringeren als dem bedeutenden Vertreter der Leipziger Malschule, Michael Triegel.

Das 40-jährige Priesterjubiläum von Pater Maurus Kraß wird am Sonntag, 6. Oktober 2024, 10.30 Uhr, mit einer Hl. Messe in der Basilika zu Wechselburg gefeiert.