Seit bald 15 Jahren entspanne ich ziemlich regelmäßig in der Sauna. Nach einem Aufguss betrat heute eine junge Dame den aufgeheizten Raum. Während die meisten Schwitzgäste ihn schließlich wieder verlassen hatten, breitete sie ihr Handtuch aus und setzte sich im Schneidersitz darauf. So weit, so gewöhnlich. Dann aber folgte eine Premiere, jedenfalls für mich: Sie zog ein Buch hervor, das sie bis dahin verborgen gehalten hatte. Ein Buch. In der Sauna. Immerhin bot der Titel, den ich erkennen konnte, eine Erklärung für das bemerkenswerte Schauspiel: „Die Psychotherapie-Führung“, lautete er. Oder so ähnlich. Dass ich vergeblich versuchte, den Gedanken beiseite zu schieben, dass hier jemand nach Mitteln zur Selbsttherapie suchte, verwundert vermutlich selbst Wohlmeinende nicht, insofern ihnen bekannt ist, dass in Finnland, einem der Ursprungsländer des geselligen Schwitzens, schon das in Deutschland weit verbreitete Lesen zwischen zwei Saunagängen – selbstredend außerhalb der Kammer – als Verstoß gegen die heiligen Prinzipien dieser gesundheitsfördernden Freizeitbeschäftigung gilt.