Die Dresdener Buchhändlerin Susanne Dagen ist bei einem Workshop im Hygiene-Museum unerwünscht, wohl wegen ihrer politischen Einstellung.
DRESDEN. Zuhören wollte sie – durfte aber nicht: die Dresdener Buchhändlerin Susanne Dagen. Am letzten Tag der seit Montag unter anderem von der Bundeszentrale für politische Bildung im Hygiene-Museum in Dresden ausgerichteten Tagung „Die neue Mitte? Rechte Ideologien und Bewegungen in Europa“ wurde ihr am Mittwochmittag der Zutritt zu einem Workshop verwehrt. Dieser widmete sich dem Thema „Echokammern und Filterblasen: Rechte Vernetzung über Social Media“.
Die Leiterin des Workshops ist für die bis in bürgerliche Kreise umstrittene Amadeu-Antonio-Stiftung tätig, die sich gegen Rechtsextremismus engagiert. Stiftungsgründerin Anette Kahane steht seit Jahren in der Kritik, da sie für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet hat. Von Teilnehmern und der Workshopleitung war Dagens Ausschluss gefordert worden, wie der Pressesprecher des Hygiene-Museums, Christoph Wingender, für die Organisatoren der Tagung bestätigte.
Dagen zeigte im Nachgang kein Verständnis für das Vorgehen: „Ich hatte mich wie jeder andere vorab angemeldet und in eine Liste eingetragen“, sagte sie im Nachgang. Mit dem Verweis darauf, dass sie mit der Ehefrau des rechten Verlegers Götz Kubitschek, Ellen Kositza, befreundet und mit dieser zusammen auf „Youtube“ die Literatursendung „Mit Rechten lesen“ ausrichte, wurde ihr der Eintritt in den Tagungsraum verwehrt. Andere Teilnehmer hätten sich von ihr gestört und eingeschüchtert gefühlt, hieß es übereinstimmend von Dagen und den Organisatoren. Dabei sei sie weder AfD-Mitglied noch werde sie vom Verfassungsschutz beobachtet, so die Buchhändlerin.
Man habe den Wunsch aus dem Workshop respektiert, in einem „geschützten Raum“ diskutieren zu wollen, sagte Museumssprecher Wingender. „Wir haben aber keinen Grund gesehen, wie schon zu Beginn der Tagung von Anwesenden gefordert, Frau Dagen von der gesamten Veranstaltung auszuschließen“, betonte er. An einem anderen Workshop konnte sie teilnehmen. Zugleich verwies er auf eine im Programm der Tagung abgedruckte Klausel, die es ermöglicht, Personen auszuschließen, „die einer Szene mit … rechtsextremen Anschauungen zuzuordnen sind“.
Susanne Dagen war Mitinitiatorin der „Charta 2017“, die vor einer „Gesinnungsdiktatur“ in Deutschland warnt. Einer der Erstunterzeichner war der Dresdener Schriftsteller Uwe Tellkamp. Seine spätere Diskussion mit dem Dichter Durs Grünbein machte bundesweit Schlagzeilen, unter anderem weil Tellkamps Verlag Suhrkamp sich von dessen Aussagen teils distanzierte.
Nachtrag, 21. September 2018:
Stiftung verteidigt Dagens Ausschluss
DRESDEN. Die Amadeu-Antonio-Stiftung hat den Ausschluss der Dresdener Buchhändlerin Susanne Dagen von einem Workshop im Hygiene-Museum verteidigt. In einer schriftlichen Stellungnahme begründet die Stiftung, die sich gegen Rassismus engagiert, die Maßnahme mit Dagens „Nähe zur rechtsextremen Gesinnung“. Teilnehmende des Workshops hätten geäußert, „dass sie die Teilnahme Dagens unter Druck setze und sie Hemmungen hätten, sich dann frei zu äußern“. Deshalb habe die Workshop-Leiterin noch vor der Tür „freundlich und bestimmt“ gebeten, Dagen solle draußen bleiben.
„Wer mit rechtsextremen Vordenkern wie Ellen Kositza genug Gemeinsamkeiten sieht, um Kooperationsprojekte umzusetzen, macht damit seine Nähe zur rechtsextremen Gesinnung und seine Verachtung für die Demokratie und Menschenrechte deutlich“, heißt es in der Stellungnahme. Ein Sprecher des Hygienemuseums hatte auf eine Klausel verwiesen, die es ermöglicht, Personen auszuschließen, „die einer Szene mit … rechtsextremen Anschauungen zuzuordnen sind“.