Fast auf den Tag genau zehn Jahre ist es her, als am 4. Februar 2004 der Amerikaner Mark Zuckerberg Facebook gründete. Vorerst im englischsprachigen Raum aktiv, fand es bald auch mit einer deutschsprachigen Version regen Zuspruch. Deutlich mehr als eine Milliarde Nutzer sind mittlerweile rund um den Globus in dem sozialen Internet-Netzwerk registriert. Auf den deutschen Pendants meinVZ und studiVZ, denen Facebook schon vor Jahren den Rang ablief und die sich mittlerweile von ihrem internationalen Engagement verabschiedet und auf den Heimatmarkt zurückgezogen haben, sind zusammen gerade einmal 33 Million Nutzer (Stand 2013) vertreten; der Ableger SchülerVZ ist längst offline. Facebook – das lässt sich schwerlich bestreiten – ist zu einer (Daten-) Macht geworden, zu einer Super-Bürokratie. Wie kaum ein anderes Unternehmen strebt es nach Wissen über seine Nutzer, die nicht im engeren Sinne eigene Kunden sind, denn Registrierung und Betrieb sind frei. Auch eine Art kostenpflichtige Premium-Variante mit zusätzlichen Funktionen analog zur Fachkräfteplattform Xing fehlt. Geld verdient Facebook, indem es das gesammelte Wissen an Firmenkunden weiterverkauft, die Werbung schalten. Dass das nicht alles ist, bezweifelt spätestens seit den NSA-Enthüllungen Edward Snowdens niemand mehr. Je mehr Daten über Hobbys oder Lebensgewohnheiten, Reiseerlebnisse oder Lektüreeindrücke, Kaufvorhaben oder Geschmacksvorlieben, Modepräferenzen oder Lieblingsspeisen – und darin liegt der Clou aller sozialen Netzwerke – diejenigen von sich freiwillig preisgeben, die ein Profil angelegt haben, desto größer ist das Potential für Zuckerbergs Baby, damit Geld zu verdienen. Facebook wertet das Wissen über sie aus, nicht wie einst Ulrich Mühe als Stasi-Offizier im Film „Das Leben der Anderen“: persönlich, subjektiv, zeitlich begrenzt. Sondern algorithmisch-objektiviert, permanent und umfassend. Dabei, schrieb kürzlich Claudius Seidl in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, entstehe ein Profil – „das wahre Profil“: ein Bewegungs- und Gewohnheitsbild, ein Raster, das derart umfassend Wissen über den jeweiligen Nutzer abbildet, dass es totalitärer Kontrolle, zunächst einmal aber bewusster und unterbewusster Beeinflussung, zum Beispiel für Kaufentscheidungen, neue Dimensionen erschließt. Schöne Neue Welt, hat das Huxley 1932 genannt. Claudius Seidl indes plädiert dafür, Facebook dennoch nicht den Rücken zu kehren. Um sich nicht verdächtig zu machen?, möchte man fragen. Vielmehr schlägt er vor, „die Beobachter [zu] beobachten“. Dabei gibt Seidl an anderer Stelle in dem Text noch zu, er halte jene für naiv, die glaubten, „die Virtuosen des digitalen Selbstporträts“ kämen mit ihrer Überzeugung durch, „dass, was sie da mitteilen [in sozialen Netzwerken, Anm. MK], zu komplex, zu widersprüchlich, letztlich zu hoch [sei] für alle Überwachungsinstanzen“.