Alexander Gauland: Der Dom muss Dom bleiben

Das Haus der Kathedrale in der Dresdener Innenstadt war voll, denn mit AfD-Schwergewicht Alexander Gauland (rechts vorn im Bild) hatte sich ein für seine spitze Zunge bekannter Gesprächspartner für ZdK-Präsident Thomas Sternberg angesagt. Foto: Michael Kunze
Das Haus der Kathe­dra­le in der Dres­de­ner Innen­stadt war voll, denn mit AfD-Schwer­ge­wicht Alex­an­der Gau­land (rechts im Bild) hat­te sich ein für sei­ne spit­ze Zun­ge bekann­ter Gesprächs­part­ner für ZdK-Prä­si­dent Tho­mas Stern­berg ange­sagt. Foto: Micha­el Kunze

Inhalt­lich heiß, in der Form eher wohl­tem­pe­riert haben am Diens­tag­abend der AfD-Vize und der Prä­si­dent des Zen­tral­ko­mi­tees der deut­schen Katho­li­ken, Tho­mas Stern­berg, in Dres­den mit­ein­an­der über die „Angst ums Abend­land“ gestritten.

DRESDEN. Der Prä­si­dent des Zen­tral­ko­mi­tees der deut­schen Katho­li­ken (ZdK), Tho­mas Stern­berg, ist zu einem Streit­ge­spräch mit AfD-Bun­des­vi­ze Alex­an­der Gau­land zusam­men­ge­trof­fen, nach­dem das ZdK zum Katho­li­ken­tag in Leip­zig Ver­tre­tern der Par­tei noch den Zutritt zu Podi­en ver­wehrt hat­te. Zu der Ver­an­stal­tung am Diens­tag vor rund 200 Gäs­ten, die unter dem Titel „Angst ums Abend­land“ stand, hat­te die Katho­li­sche Aka­de­mie ins Haus der Kathe­dra­le ein­ge­la­den. „Solan­ge die Mög­lich­keit zum Dia­log besteht, wol­len wir ihn nicht enden las­sen“, sag­te Aka­de­mie-Direk­tor Tho­mas Arnold zum Auf­takt. Stern­berg aber beklag­te dar­auf­hin eine „Ver­ro­hung der Spra­che“ in der poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung in Deutsch­land. Die bei­den Spreng­stoff­an­schlä­ge in Dres­den in der Nacht zu Diens­tag hät­ten wie ande­re Gewalt­ta­ten gewis­ser­ma­ßen eine ver­ba­le Vor­ge­schich­te, auch wenn die Urhe­ber noch nicht ermit­telt sei­en. „Ach­ten wir dar­auf, wie wir spre­chen“, mahn­te er, denn es gebe „Begrif­fe, die ver­bie­ten sich, weil sie die Gesell­schaft ver­gif­ten“. Der 64 Jah­re alte gebür­ti­ge Sauer­län­der ver­wies dazu auf das durch den NS-Gebrauch belas­te­te Wort „völ­kisch“ und kri­ti­sier­te die AfD für ihr „Spiel mit Begrif­fen“. Wäh­rend ein Par­tei­ver­tre­ter ein belas­te­tes Wort „fal­len­las­se“, demen­tie­re es ein ande­rer. Doch dann sei es in der Welt, ver­schö­ben sich Gren­zen in Debat­te und Umgang.

Stern­berg sprach sich zudem mit Ver­weis auf die Zeit des Eiser­nen Vor­hangs für offe­ne Gren­zen und gegen eine Über­hö­hung des Natio­nal­staa­tes aus; die euro­päi­sche poli­ti­sche Tra­di­ti­on sei vor dem 19. Jahr­hun­dert stets eine völ­ker- und staats­über­grei­fen­de gewe­sen. Der gebür­ti­ge Chem­nit­zer Gau­land ver­wies dar­auf, dass gera­de in einer glo­ba­li­sier­ten Welt der Natio­nal­staat nicht am Ende sei und des­sen Gren­zen geschützt wer­den müss­ten – auch durch die Bun­des­wehr. Gleich­zei­tig sag­te der 75-Jäh­ri­ge, der auch Vor­sit­zen­der der bran­den­bur­gi­schen AfD-Land­tags­frak­ti­on ist, dass sei­ne Par­tei hin­ter dem Grund­ge­setz ste­he, das aber – wenn nötig – wie in der Ver­gan­gen­heit auch geän­dert wer­den kön­ne. Er stell­te das dar­auf auf­bau­en­de der­zei­ti­ge deut­sche Asyl­recht infra­ge, das sei­ner Mei­nung nach nicht unab­hän­gig von Kul­tur­kreis oder Reli­gi­on gel­ten sol­le. Wäh­rend der sowohl als Ger­ma­nist wie als Theo­lo­ge pro­mo­vier­te Stern­berg, der seit 2005 für die CDU im nord­rhein-west­fä­li­schen Land­tag sitzt, dem AfD-Mann zustimm­te, dass die Inte­gra­ti­on von Migran­ten eine nach wie vor gro­ße Her­aus­for­de­rung sei, stell­te er sich gleich­zei­tig hin­ter Ange­la Mer­kels Satz: „Wir schaf­fen das.“ Es gebe kei­nen Not­stand, der Staat sei nach Start­schwie­rig­kei­ten bei der Bewäl­ti­gung der Migra­ti­on handlungsfähig.

Der pro­mo­vier­te Jurist Gau­land indes ver­wies auf den Unter­schied, der zwi­schen – geglück­ten – Inte­gra­ti­ons­leis­tun­gen ver­gan­ge­ner Jahr­hun­der­te und den aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen lie­ge: Sei­en es einst etwa „katho­li­sche Polen“ gewe­sen, die in gro­ßer Anzahl in Deutsch­land inte­griert wur­den, habe man es nun mit Men­schen aus einem ande­ren Kul­tur­kreis zu tun. Gleich­zei­tig äußer­te der AfD-Poli­ti­ker, er habe „kei­ne Pro­ble­me“ mit Zuwan­de­rung – auch von vie­len Mus­li­men -, „wenn sie auf die Scha­ria ver­zich­te­ten“. Dass Kriegs­flücht­lin­ge aus Syri­en auf­ge­nom­men wer­den, unter­stüt­ze er. Wer jedoch den Wunsch, in Deutsch­land auf­ge­nom­men zu wer­den, nur mit Wohl­stands­fort­schrit­ten begrün­det, sol­le abge­wie­sen wer­den. Gau­land warn­te vor einer völ­li­gen Ver­än­de­rung des Lan­des wie vor Par­al­lel­ge­sell­schaf­ten, die in man­chen Ruhr­ge­biets­städ­ten oder Ber­li­ner Stadt­vier­teln längst exis­tier­ten. „Ich möch­te nicht, dass der Köl­ner oder der Speye­rer Dom eines Tages in eine Moschee umge­wan­delt wer­den“, sag­te er. Stern­berg plä­dier­te für Dif­fe­ren­zie­rung: Nicht alle Mus­li­me dürf­ten über einen Kamm gescho­ren wer­den, und im Umkehr­schluss sei nicht jeder, der Christ sei, des­we­gen auto­ma­tisch ein guter Mensch. Zudem habe sich das christ­li­che Abend­land stets dadurch aus­ge­zeich­net, dass es offen war – für Zuwan­de­rung, neue Ideen, Hil­fe gegen­über Not­lei­den­den und Verfolgten.

Bei der Debat­te mit dem Publi­kum kam es im Anschluss immer wie­der – wie schon vor­her – zu Zwi­schen­ru­fen. Die Stim­mung war stre­cken­wei­se ange­spannt: Eine Dame stell­te etwa infra­ge, ob man einen Ver­tre­ter der rechts­po­pu­lis­ti­schen AfD wie Gau­land zu einer kirch­li­chen Ver­an­stal­tung als Gesprächs­part­ner über­haupt ein­la­den dür­fe. Tho­mas Stern­berg, selbst von 1988 bis 2016 Direk­tor einer Katho­li­schen Aka­de­mie, stell­te sich aber unter Bei­fall hin­ter das Format.

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