Ich komme aus der Provinz. Wem das Geständnis nicht genügt, der kann hier nachlesen. Dabei ist es überflüssig, „Provinz“ in An- und Ausführungszeichen zu setzen, nur um darauf hinzuweisen, dass es diese oder jene Art gibt, sie zu denken, verschiedene Deutungsweisen, Dimensionen einer „Grenzziehung“ – der Geografie nach oder mit Blick auf das, was man den Habitus der Leute nennt, das Weltbild, süffisanter: den Horizont derer, die „da“, besser, weil über das Geografische hinausweisend: in ihr leben. Meistens nämlich kommt etwas zusammen von all dem, was der eine so, die andere so gewichtet, um dann auf sie zu verweisen, sie kenntlich zu machen: die Provinz, die freilich auch in Metropolen „Raum“ finden kann. Und findet. Was man über sie weiß? „Am wenigsten vielleicht immer noch das, was sie selbst zu sagen hätte. Denn Provinz ist ein Spiegelphänomen“, schreibt Paul Jandl heute in der „Neuen Zürcher Zeitung“, „und jedes Gespräch kommt nicht ganz ohne die Angst aus, womöglich selbst provinziell zu sein.“ Wer kennt das nicht?! Ich bekenne mich dazu – auch zu Jandls Beobachtung als selbst gemachter Erfahrung (eine Anmaßung?): „Provinz, das sind immer die anderen, und wer sie entlarvt, der wähnt sich einen großen Schritt voraus.“ Immerhin halte ich mir das gar nicht so lange zurückliegende Eingeständnis zugute, dass der Schritt in meinem Fall nicht eben groß ist. Ob sie wehtut, die Annahme, er sei klein? Ungemein. Aber dass es den Schritt gibt? Bitteschön! Wer wollte Spießer sein, wie dort, da, wo ich nicht (mehr) bin, worüber ich hinauswuchs. Nun in der Residenz niedergelassen, dazu nicht irgendeiner: in Dresden (so reden und empfinden hier viele; man lässt sich darauf ein, hadert damit oder geht weg – wer sich darauf einlässt, ist dann aber wer, qua Eintrag ins Einwohnermelderegister, im Personalausweis beglaubigt. Wenn auch mit Abstrichen, denn besser wäre eine Geburtsurkunde). Dazu Wagner, Semperoper, Odol-Mundwasser – „Kultur“, gern mit dem Präfix „Hoch-“ und über das Künstlerische im engen Sinne hinausweisend. Mitunter in Richtungen, auf Ebenen, für die man schwindelfrei sein muss. Hauptsache weit, weit weg von denen dort, da hinten, unten, … ganz weit von Dresden aus gesehen … links. Raunt da eine Provinz, auf die zu hören, in die hineinzuhören laut Jandl allzuoft versäumt wird nur über eine andere? Die Figur des Spießers jedenfalls, schreibt er, sei „zum ertragreichen Gegenbild der eigenen Lebensentwürfe geworden … In der innigen Distinktionsbeziehung zwischen angeblichen Spiessern und angeblichen Nicht-Spiessern kehren sich die Vorzeichen [indes] bisweilen um.“