„Die Priorität von Alltäglichkeit war unerträglich geworden“, schreibt der Publizist und Literaturtheoretiker Karl Heinz Bohrer in seiner nun erschienenen autobiografischen Arbeit „ ‚Jetzt‘. Geschichte meines Abenteuers mit der Phantasie“ (Berlin 2017) und charakterisiert sich als „gewissermaßen asozial begabt“. Und an anderer Stelle: „Wenn Cervantes‘ Held gegen die Windmühlen anrennt, dann nicht einfach deswegen, weil er durch die Lektüre antiquierter Ritterromane verrückt gewesen wäre, sondern weil ihm gegen die Wirklichkeit etwas einfällt.“ Fällt uns noch etwas ein? Gewiss lässt sich darüber streiten, ob Don Quijote die geeigneten Mittel wählt, die ja auch von der „Wirklichkeit“ abhängen. Nur tatenlos, schreibt Patrick Bahners in seiner Rezension zu Bohrers Buch am 6. April in der „F.A.Z.“, immerhin nicht tatenlos habe der Ritter von der traurigen Gestalt die „mutmaßliche Sinnlosigkeit von allem“ hinnehmen wollen. Ob alles mutmaßlich sinnlos ist, liegt ebenfalls im Auge des Betrachters. Sich wie diese tragikomische Figur der Weltliteraturgeschichte der Wirklichkeit in den Weg zu stellen, sie nicht bloß hinzunehmen, ist jedenfalls eine gute Idee, auch wenn am Anfang stehen muss, sie zu erfassen. Schon damit tun wir uns schwer. Das Sich-in-den-Weg-Stellen funktioniert dann aber wohl derart am wirkungsvollsten – nochmals Bahners über Bohrer/Don Quijote -, wenn wir „den Käfig konventionellen Denkens“ verlassen und uns dagegen wehren, „dass das Leben berechenbar werden soll“. Auch wenn damit über die Ziele noch nichts gesagt ist.