Ende Februar wählt die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens einen neuen Bischof. Andreas Beuchel, Superintendent in Meißen, hat seinen Hut in den Ring geworfen und frühe Wurzeln in Freiberg – eine Rückschau, 30 Jahre nach der Deutschen Wiedervereinigung.
FREIBERG/DRESDEN. Zehn gute Jahre sind es gewesen, sagt Andreas Beuchel über seine Zeit an der Freiberger Polytechnischen Oberschule (POS) “Theodor Körner“. Der heute 56-Jährige – Sohn eines evangelischen Pfarrers und einer Ärztin – besuchte sie von 1970 bis 1980, nachdem der Vater seinen Dienst an der Petrikirche angetreten hatte und von Dittersbach bei Pirna mit der Familie in die Bergstadt gezogen war. Nun kandidiert Beuchel – seit 1985 verheiratet, zwei Kinder, zwei Enkel – nach Carsten Rentzings Rücktritt als einer von drei Bewerbern für das Amt des Landesbischofs in Sachsen.
„Es gab diese Momente“
Aus Freiberg ist er längst weggezogen; an Kindheit und Jugend in der Stadt denkt Beuchel, der wie sein älterer Bruder in die Fußstapfen des Vaters trat und selbst Pfarrer wurde – nun am Meißener Dom, in St. Afra und Superintendent des Kirchenbezirks Meißen –, stets gern zurück. “Obwohl ich nicht bei den Pionieren und in der FDJ war und nicht zur Jugendweihe ging, ist es eine gute Zeit gewesen“, sagt er in der Rückschau nach 30 Jahren Deutscher Wiedervereinigung. “Vonseiten der Mitschüler gab es mit Blick auf meine kirchliche Verwurzelung nie Anfeindungen“, so der gebürtige Pirnaer, der im benachbarten Dittersbach aufwuchs. In der DDR im Pfarrhaus großzuwerden, sei dennoch eine Herausforderung gewesen. Denn Situationen, in denen er etwa von Lehrern auf die Probe gestellt wurde – nur weil er Christ ist –, habe es immer wieder gegeben. “Es gab diese Momente, in denen wir verspottet wurden“, sagt er. Wenn etwas im Unterricht schiefgelaufen sei oder vergessen wurde, habe es etwa herablassend geheißen: “Hast wohl nicht genug gebetet?!“ Kleine Stiche im Alltag, die Kinder und Heranwachsende sehr wohl registrieren. Dabei habe jeder, immer wieder, eine Haltung finden müssen zur Lage im Land und zu politischen Vorgaben – etwa, als der Wehrkundeunterricht eingeführt wurde.
Andreas Beuchel weiß, dass andere noch weit größere Herausforderungen zu meistern hatten. Zudem habe er die Zugehörigkeit zur Kirche oft als Schutz wahrgenommen – die Fronten waren klar. Kirchliche Kinder- und Jugendgruppen boten Halt. Auch andere ließen sich konfirmieren, ohne zur Jugendweihe zu gehen. Der konfessionsübergreifende, ökumenische Austausch, so mit den Katholiken um den verstorbenen Pfarrer Borchert, sei sehr gut gewesen. Und es habe manches zu entdecken gegeben in der kleinen Universitätsstadt. Nicht nur Jugendgottesdienste mit Band-Begleitung brachten Abwechslung, auch der Austausch über Kunst und Kultur in einer kleinen, aber ambitionierten Szene, die ins Konzert ging, zu Lesungen, ins Theater, wo zuweilen kritische Inszenierungen zu sehen waren und Diskussion möglich gewesen sei. Es gab die Jazztage. “Wir wollten ja auch Neues erleben, Anderes sehen“, sagt Beuchel. Dabei habe er versucht, den Rat seines Vaters zu befolgen, der lautete: “Rede so, dass Du dazu stehen kannst!“
Wenn es womöglich anders kommt
Beuchel konnte dann, für ein Pfarrerskind nicht selbstverständlich, einen Beruf mit Abitur erlernen. Während der Lehre im Brandenburgischen wuchs der Entschluss, Pfarrer zu werden. “Ich wollte eine frohe, alternative Botschaft weitergeben“, sagt er. Von 1985 bis 1990 studierte er Theologie an der Leipziger Uni. Nach Freiberg kommt er regelmäßig zu Klassentreffen und während seiner Zeit als Sender- und Rundfunkbeauftragter der Landeskirche bis 2015, um die Übertragung von Gottesdiensten aus Dom und Petrikirche in Radio und Fernsehen zu begleiten, aber auch zum Stadtjubiläum. Dann wurde er Superintendent in Meißen. “Ich hatte mich eigentlich darauf eingestellt, hier meinen Dienst bis zum Ruhestand zu versehen“, sagt er schmunzelnd. Doch nach Bischof Rentzings Rücktritt sei er von Gläubigen angesprochen worden, ob er sich eine Kandidatur für dessen Nachfolge vorstellen könne. Er sei ins Gebet gegangen und fasste den Entschluss zur Kandidatur. Ab 29. Februar wird der künftige Landesbischof in der Dresdener Dreikönigskirche gewählt.