Die einen malten, die andern kauften die Bilder – zwei Generationen hielt das ungewöhnliche Verhältnis zwischen der von den Wettinern geadelten Künstlerfamilie Vogel und den Grafen von Einsiedel. Eine vom Berliner Kunsthistoriker Gerd-Helge Vogel kuratierte Ausstellung auf Schloss Wolkenburg setzt es in Szene.
WOLKENBURG. Beinahe vierzig Ölgemälde, Kohlezeichnungen, Grafiken, dazu Dokumente zeigt die am Donnerstagabend auf Schloss Wolkenburg (Landkreis Zwickau) eröffnete Ausstellung „Die Einsiedels und die Vogels – Mäzene und Künstler zwischen 1780 und 1860“. Rund sechzig Gäste waren der Einladung des Limbach-Oberfrohnaer Oberbürgermeisters Jesko Vogel, von Kurator Gerd-Helge Vogel – beide nicht mit den Künstlern verwandt – sowie von Museumsleiterin Barbara Wiegand-Stempel gefolgt.
Vornehmlich Porträts sind es, die in vier Räumen „die Verbindung zwischen Unternehmertum und Kunst“ in Erinnerung rufen, die in der Region auch durch die Minister und Rittergutsbesitzer Detlev Carl (1737–1810) sowie Detlev von Einsiedel (1773–1861) stark gewesen sei, so Jesko Vogel. Während das Stadtoberhaupt die Schau als Baustein der seit 15 Jahren laufenden Anstrengungen der Stadt deutete, Schloss und Park zu erhalten und die jüngst den Verwaltungsausschuss des Stadtrats beschäftigende Schenkung der Einsiedelschen Kunstsammlung durch Nachfahren nach Wolkenburg ankündigte, wertete der Kurator erstere aus kunsthistorischer Perspektive als „weiteren Höhepunkt“. „Wir waren nicht immer Provinz“, sagte Gerd-Helge Vogel. Auch an kleinen Höfen wie jenen der Einsiedels, derer von Solms in Wildenfels oder der Schönburger in Waldenburg, Glauchau, Lichtenstein wurden bedeutende, bald von Rom bis Sankt Petersburg tätige Künstler entdeckt, gefördert, mit Aufträgen bedacht.
Nur dank zahlreicher Leihgaben privater und öffentlicher Sammlungen aus Bayern, Berlin, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, darunter des Kupferstichkabinetts Dresden und der dortigen Städtischen Sammlungen, der Kunstsammlungen Chemnitz oder der Schlösser Wildenfels und Nossen sowie etwa mit Hermann Vogel von Vogelstein von Nachfahren der Künstler, kann die Wolkenburger Ausstellung stattfinden. Laut Gerd-Helge Vogel zeigt sie nicht nur die Meisterschaft der Maler, sondern auch das achtzig Jahre haltende Verhältnis zu den Grafen – eine Seltenheit in der Kunstgeschichte. „Das gab es bei den Medici, aber auch bei den Einsiedels“, sagte er süffisant.
Die präsentierten Werke, die unter anderen Mitglieder der Familien Einsiedel und Vogel, aber auch Papst Pius VII. abbilden, wurden bei nur einjähriger Vorbereitung unter großen Anstrengungen durch die kleine Museumsmannschaft zusammengetragen, so Museumsleiterin Wiegand-Stempel. Darunter ist neben „handlichen“ wie wandfüllenden Stücken auch das kleinformatige, um 1795 von Christian Leberecht Vogel (1759–1816) gemalte „Bildnis des Sohnes Carl“, das ungewöhnlich mit Licht, Schatten und Farbe experimentiert und Vogels über Sachsen hinausreichenden Ruf als „Kinder-Raffael“ eindrücklich unter Beweis stellt. Bekannter in diesem Zusammenhang ist jedoch sein dann vielfach kopiertes, um 1792/93 entstandenes Stück „Die Söhne des Meisters“.
Dass ein kleinstädtisches Museum seit Jahren mit naturgemäß beschränkten Mitteln Ausstellungen mit Werken von namhaften Künstlern auf den Weg bringt – Vogels zum Katholizismus konvertierter und zum Kreis der Nazarener zählender Sohn Carl Christian Vogel von Vogelstein (1788–1868) schuf solche etwa im Pillnitzer Schloss, der Dresdener Hofkirche oder für den Naumburger Dom –, ist auch dem langjährigen Engagement des Kurators und der finanziellen Hilfe des Kulturraums Vogtland-Zwickau zu danken. Angesichts klammer Kassen darf man darin aber auch ein alles andere als selbstverständliches Bekenntnis zur Regionalgeschichte vonseiten der Kommune Limbach-Oberfrohna sehen, zu der Wolkenburg gehört, ebenso wie beteiligter Ehrenamtler. Es dürfte durch die in Aussicht stehende Schenkung der Sammlung Einsiedel – Verhandlungen mit der Familie über 57 Gemälde, zwei Eisenkunstgussplastiken sowie 50 Graphiken im Gesamtschätzwert von rund 95.000 Euro laufen laut Stadtverwaltung – neue Impulse erhalten und auch wegen des begrenzten Raumes im Schloss Herausforderungen mit sich bringen. Immerhin stammen einzelne Werke des Konvoluts etwa von Bernardo Bellotto, gen. Canaletto (1722–1780), oder dem Kupferstecher und Radierer Johann Elias Ridinger (1698–1767).
Ein Begleitband, großformatig und illustriert, ist zur Ausstellung erschienen und in Museum, Buchhandel und beim Verlag verfügbar – Gerd-Helge Vogel: „Die Einsiedels und die Vogels. Zwei Generationen des Zusammenwirkens von Mäzenen und Künstlern auf Schloss Wolkenburg“, Wolff-Verlag, Berlin 2019, 64 Seiten, 17,90 Euro.