Abtei St. Marienthal verkauft Bibliothek an Freistaat Sachsen

Sach­sens Kul­tur­mi­nis­te­rin Bar­ba­ra Klepsch (CDU), Äbtis­sin M. Eli­sa­beth Vaterodt OCist sowie der Gene­ral­se­kre­tär der Ernst-von-Sie­mens-Kunst­stif­tung, Mar­tin Hoer­nes, betrach­ten zwei beson­de­re Stü­cke der St. Mari­entha­ler Biblio­thek. Für kur­ze Zeit sind sie in der Schatz­kam­mer der SLUB aus­ge­stellt. Foto: Micha­el Kunze

Der Groß­teil der Dru­cke bleibt als Dau­er­leih­ga­be im Klos­ter, wäh­rend Hand­schrif­ten und Urkun­den nach Leip­zig und Dres­den gehen.

DRESDEN/OSTRITZ. Die Zis­ter­zi­en­se­rin­nen-Abtei St. Mari­en­thal im süd­ost­säch­si­schen Ost­ritz hat ihre Biblio­thek an den Frei­staat Sach­sen ver­kauft: ins­ge­samt rund 2700 Titel. Nach mehr als zwei Jah­ren Ver­hand­lung sind dafür 5,5 Mil­lio­nen Euro geflos­sen. Eine Mil­li­on Euro steu­er­te die Ernst-von-Sie­mens-Kunst­stif­tung bei. Dar­über haben nun in Dres­den die Äbtis­sin Maria Eli­sa­beth Vaterodt sowie Ver­tre­ter aus Poli­tik, Wis­sen­schaft und Stif­tung informiert.

Nötig gewor­den ist der Ver­kauf, da das Klos­ter durch das Nei­ße-Hoch­was­ser (2010) stark in Mit­lei­den­schaft gezo­gen wor­den war. Trotz Hil­fen des Frei­staats, die offen­bar nicht aus­reich­ten, hat­ten die Non­nen eine klei­ne Aus­wahl hoch­ka­rä­ti­ger Stü­cke der Biblio­thek mit Urkun­den, Hand­schrif­ten und Dru­cken des 12. bis 19. Jahr­hun­derts über einen schwei­ze­ri­schen Händ­ler auf dem Kunst­markt ange­bo­ten. Dafür hagel­te es Kri­tik von Archi­va­ren, Wis­sen­schaft­lern, Poli­ti­kern, die Ver­lust ins Aus­land, Zer­schla­gung des Bestan­des und Unzu­gäng­lich­keit für For­scher fürch­te­ten. Dar­auf­hin auf­ge­nom­me­ne Ver­hand­lun­gen mit dem Frei­staat sei­en „kein leich­ter Weg“ gewe­sen, räum­te die Äbtis­sin ein.

Mit dem Ergeb­nis indes zeig­ten sich alle Betei­lig­ten zufrie­den. Die säch­si­sche Staats­mi­nis­te­rin für Kul­tur und Tou­ris­mus, Bar­ba­ra Klepsch (CDU), sieht in dem Ankauf die Chan­ce, Kul­tur­gut in Sach­sen zu hal­ten, bei dem es sich um einen zen­tra­len „Bei­trag zur Erzäh­lung der säch­si­schen Geschich­te“ handele.

Neu­er Eigen­tü­mer der Samm­lung von reli­giö­sen und welt­li­chen Stü­cken wird die Säch­si­sche Lan­des­bi­blio­thek – Staats- und Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek (SLUB) in Dres­den. Zu den Titeln zäh­len 35 Urkun­den, die künf­tig im Haupt­staats­ar­chiv der Lan­des­haupt­stadt ver­wahrt wer­den, 21 Inku­na­beln (Früh­dru­cke) und acht beson­ders wert­vol­le Hand­schrif­ten, die spä­ter in das Hand­schrif­ten­zen­trum der Uni Leip­zig über­führt wer­den sollen.

Ein­ge­rich­tet wor­den ist die Mari­entha­ler Biblio­thek zu den The­men Theo­lo­gie, Aske­se, Spi­ri­tua­li­tät, aber auch mit geschichts­wis­sen­schaft­li­chen, geo­gra­phi­schen und juris­ti­schen Schrif­ten im Wesent­li­chen ab dem 17. Jahr­hun­dert. Sie dien­te der Bil­dung der Schwes­tern und half bei der Ver­wal­tung klös­ter­li­chen Grund­be­sit­zes. Das Gros bleibt als Dau­er­leih­ga­be im Kloster.

SLUB-Gene­ral­di­rek­to­rin Kat­rin Stump wür­dig­te den Ankauf als Glücks­fall. Wur­den in jün­ge­rer Zeit Samm­lun­gen klös­ter­li­cher Bil­dungs­kul­tur, die auch die Rekon­struk­ti­on von Wis­sens­netz­wer­ken ermög­li­chen, zum Ver­kauf ange­bo­ten, habe die Öffent­li­che Hand kaum je etwas kom­plett erste­hen kön­nen, oft nur ein­zel­ne Stü­cke. Für das Jahr 2025 kün­dig­te sie eine gro­ße Aus­stel­lung mit Objek­ten aus der Biblio­thek an. Auch für die Lan­des­aus­stel­lung „1100 Jah­re Sach­sen“ (2029) sowie die 800-Jahr-Fei­er des Klos­ters (2034) dür­fe mit Koope­ra­tio­nen zwi­schen Frei­staat und Klos­ter zu rech­nen sein, ver­rie­ten Andeu­tun­gen der Protagonisten.

Zwei der wert­volls­ten Stü­cke sind bis 6. Janu­ar 2024 in der im SLUB-Haupt­ge­bäu­de unter­ge­brach­ten Schatz­kam­mer kos­ten­frei zu besich­ti­gen: der bis zur Refor­ma­ti­on im Klos­ter Alt­zel­le, einer der Grab­le­gen der Wet­ti­ner, ver­wahr­te St. Mari­entha­ler Psal­ter aus dem 13. Jahr­hun­dert sowie das soge­nann­te Kapi­tel­of­fi­zi­um­s­buch aus dem 12. Jahr­hun­dert. Es stammt aus dem Klos­ter Pfor­te bei Naum­burg, gehör­te zum Alt­zel­ler Grün­dungs­be­stand und ent­hält etwa ein Mar­ty­ro­lo­gi­um und ein Ver­zeich­nis mit Ster­be­da­ten von 15 der 34 Alt­zel­ler Äbte.

Von inter­na­tio­na­ler Bedeu­tung ist der Psal­ter, ein in Fran­ken ent­stan­de­nes Pracht­ge­bet­buch mit Ran­kin­itia­len. Er gewährt als ein­zig bekann­tes Exem­plar sei­ner Art Ein­bli­cke in die Kul­tur des ober­säch­si­schen Hoch­adels der Zeit. Euro­pa­weit sind nur zwei ver­gleich­ba­re Schrif­ten erhal­ten. Zeug­nis­se wie die­se sind auf dem Gebiet der Refor­ma­ti­on äußerst sel­ten, wie Fach­leu­te vom Hand­schrif­ten­zen­trum aus­führ­ten, da der kon­fes­sio­nel­le Bruch einen Total­ver­lust des bis dato gebräuch­li­chen, lit­ur­gi­schen Schrift­tums mit sich gebracht habe. Bei­de Bän­de, um 1530 vom glei­chen Mei­ße­ner Buch­bin­der neu­ge­bun­den, konn­ten ins sei­ner­zeit böh­mi­sche und also katho­li­sche St. Mari­en­thal, eine Alt­zel­ler Toch­ter­grün­dung, geret­tet werden.

Auf die Fra­ge, ob mit dem Ver­kauf die Finanz­pro­ble­me des Klos­ters gelöst sei­en, ant­wor­te­te die Äbtis­sin mit „ja“. Man müs­se nun alles dafür tun, eine ver­gleich­ba­re Situa­ti­on künf­tig zu ver­mei­den und hof­fe, sich jetzt wie­der auf die eigent­li­chen Anlie­gen kon­zen­trie­ren zu kön­nen: Gebet, Arbeit, Stu­di­um. „Wir ver­trau­en dar­auf“, sag­te sie, „dass Gott es fügt.“

Zum Kon­vent zäh­len neun Schwes­tern, eine ernst­haf­te Inter­es­sen­tin und zwei Frau­en, die ein frei­wil­li­ges Ordens­jahr absolvieren.

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