Verkauft, doch weiter unsaniert

Das St.-Pius-Haus in Schirgiswalde, südlich von Bautzen, hat einen neuen Eigentümer, nachdem es das katholische Domkapitel verkauft hat. Vor 175 Jahren wurde in dem Gebäude sächsisch-böhmische Geschichte geschrieben. Foto: Michael Kunze
Das St.-Pius-Haus in Schir­gis­wal­de, umge­ben von einem gro­ßen Park, hat einen neu­en Eigen­tü­mer, nach­dem es das katho­li­sche Dom­ka­pi­tel in aller Stil­le ver­kauft hat. Vor 175 Jah­ren wur­de in dem eins­ti­gen Som­mer­sitz hoher kirch­li­cher Wür­den­trä­ger säch­sisch-böh­mi­sche Geschich­te geschrie­ben. Foto: Micha­el Kunze

Jah­re­lang woll­te das Dom­ka­pi­tel St. Petri zu Dres­den den frü­he­ren Som­mer­sitz in Schir­gis­wal­de bei Baut­zen man­gels Ver­wen­dungs­mög­lich­kei­ten ver­äu­ßern. Nun ist es, kurz vor einem wich­ti­gen Jubi­lä­um, gelun­gen – unklar bleibt vor­erst, an wen.

SCHIRGISWALDE/DRESDEN. Wie erst jetzt öffent­lich wur­de, hat das Dom­ka­pi­tel St. Petri zu Dres­den sei­ne frü­he­re, auch als säch­si­sches Cas­tel Gan­dol­fo bekann­te Som­mer­re­si­denz in Schir­gis­wal­de ver­kauft. Das um 1700 errich­te­te und spä­ter umge­bau­te St.-Pius-Haus mit groß­zü­gi­gem Park, in dem nach dem Zwei­ten Welt­krieg eine Kir­chen­mu­sik­schu­le unter­ge­bracht war und spä­ter ein katho­li­scher Kin­der­gar­ten, der 2006 aus­zog, stand danach leer. Das katho­li­sche Dom­ka­pi­tel als Eigen­tü­mer such­te man­gels eige­ner Ver­wen­dungs­mög­lich­kei­ten und auf Dau­er hoher Unter­halts­kos­ten einen Käufer.

Nach­dem jah­re­lang alle Ver­su­che – auch wegen hoher Preis­vor­stel­lun­gen von zuletzt 150.000 Euro (zunächst weit mehr) und des sanie­rungs­be­dürf­ti­gen Zustands – geschei­tert waren, gelang nun im ver­gan­ge­nen Jahr der Ver­kauf. Wie Micha­el Bau­disch, Spre­cher des Bis­tums Dres­den-Mei­ßen, auf Anfra­ge mit­teil­te, hat das denk­mal­ge­schütz­te Anwe­sen bereits seit März 2019 einen neu­en Eigen­tü­mer. Das Objekt sei an eine vom Käu­fer mit der Ver­wal­tung betrau­te Dresd­ner Immo­bi­li­en­fir­ma über­ge­ben worden.

Wer das stadt­bild­prä­gen­de Ensem­ble unweit der katho­li­schen Kir­che Mariae Him­mel­fahrt gekauft hat, ist indes unklar. Unter Ange­hö­ri­gen der Schir­gis­wal­der Pfar­rei kur­sie­ren Gerüch­te, der neue Besit­zer stam­me aus dem Aus­land. Da sich seit dem bald ein Jahr zurück­lie­gen­den Ver­kauf äußer­lich nichts getan hat, wird wei­te­rer Ver­fall befürch­tet. Bis­tums­spre­cher Bau­disch mach­te aber kei­ne wei­te­ren Anga­ben: „Ich bit­te um Ver­ständ­nis, dass wir uns weder zum Käu­fer noch zum Kauf­preis wei­ter äußern möch­ten.“ Nach Aus­kunft der Dresd­ner Immo­bi­li­en­fir­ma sieht sich der neue Eigen­tü­mer der­zeit „aus gesund­heit­li­chen Grün­den“ nicht in der Lage, Fra­gen zur Zukunft des Barock­pa­lais zu beantworten.

Die Bedeu­tung der Immo­bi­lie ist für die Kunst- und Kir­chen­ge­schich­te Sach­sens nicht zu unter­schät­zen. Dies liegt etwa dar­an, dass meh­re­re Räu­me mit teils aller­dings drin­gend restau­rie­rungs­be­dürf­ti­gen, wert­vol­len Bild­ta­pe­ten aus dem frü­hen 19. Jahr­hun­dert aus­ge­stat­tet sind. Sie stam­men aus der seit 1797 im elsäs­si­schen Rix­heim ansäs­si­gen Manu­fak­tur Jean Zuber & Cie, einem Unter­neh­men von Welt­ruf. Des­sen Bild­ta­pe­ten hän­gen etwa im von John F. Ken­ne­dys Ehe­frau Jac­que­line mit aus dem Jahr 1834 stam­men­den Exem­pla­ren umge­stal­te­ten Diplo­ma­tic Recep­ti­on Room im Washing­to­ner Wei­ßen Haus. Auch Pop­star Madon­na zählt zu den Kun­den. Zuber & Cie ver­fügt über ein Depot mit zehn­tau­sen­den Druck­stö­cken aus Bir­nen­holz, dank derer auch heu­te noch his­to­ri­sche Moti­ve in unzäh­li­gen Arbeits­schrit­ten in Hand­ar­beit her­ge­stellt wer­den können.

Der Ver­kauf von Gebäu­de und Park fällt zeit­lich bei­na­he zusam­men mit einem für Schir­gis­wal­de bedeu­ten­den Jubi­lä­um: Vor erst 175 Jah­ren kam es von der Böh­mi­schen Kro­ne zur Säch­si­schen. Auch dabei stand die eins­ti­ge Som­mer­re­si­denz des Dom­ka­pi­tels im Mit­tel­punkt. Denn die Über­ga­be „erfolg­te am 4. Juli 1845 im hie­si­gen Dom­stift­li­chen Schlos­se durch den … Kreis­haupt­mann von Leit­me­ritz … in Gegen­wart des dama­li­gen Decans und spä­te­ren Bischofs Josef [Joseph] Dittrich“, schrieb 50 Jah­re spä­ter Kan­tor Franz Adolf Stoy in sei­ner „Geschich­te der Stadt Schirgiswalde“.

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