Dresden, 14. Juli 2017

Ich kom­me aus der Pro­vinz. Wem das Geständ­nis nicht genügt, der kann hier nach­le­sen. Dabei ist es über­flüs­sig, „Pro­vinz“ in An- und Aus­füh­rungs­zei­chen zu set­zen, nur um dar­auf hin­zu­wei­sen, dass es die­se oder jene Art gibt, sie zu den­ken, ver­schie­de­ne Deu­tungs­wei­sen, Dimen­sio­nen einer „Grenz­zie­hung“ – der Geo­gra­fie nach oder mit Blick auf das, was man den Habi­tus der Leu­te nennt, das Welt­bild, süf­fi­san­ter: den Hori­zont derer, die „da“, bes­ser, weil über das Geo­gra­fi­sche hin­aus­wei­send: in ihr leben. Meis­tens näm­lich kommt etwas zusam­men von all dem, was der eine so, die ande­re so gewich­tet, um dann auf sie zu ver­wei­sen, sie kennt­lich zu machen: die Pro­vinz, die frei­lich auch in Metro­po­len „Raum“ fin­den kann. Und fin­det. Was man über sie weiß? „Am wenigs­ten viel­leicht immer noch das, was sie selbst zu sagen hät­te. Denn Pro­vinz ist ein Spie­gel­phä­no­men“, schreibt Paul Jandl heu­te in der „Neu­en Zür­cher Zei­tung“, „und jedes Gespräch kommt nicht ganz ohne die Angst aus, womög­lich selbst pro­vin­zi­ell zu sein.“ Wer kennt das nicht?! Ich beken­ne mich dazu – auch zu Jandls Beob­ach­tung als selbst gemach­ter Erfah­rung (eine Anma­ßung?): „Pro­vinz, das sind immer die ande­ren, und wer sie ent­larvt, der wähnt sich einen gro­ßen Schritt vor­aus.“ Immer­hin hal­te ich mir das gar nicht so lan­ge zurück­lie­gen­de Ein­ge­ständ­nis zugu­te, dass der Schritt in mei­nem Fall nicht eben groß ist. Ob sie weh­tut, die Annah­me, er sei klein? Unge­mein. Aber dass es den Schritt gibt? Bit­te­schön! Wer woll­te Spie­ßer sein, wie dort, da, wo ich nicht (mehr) bin, wor­über ich hin­aus­wuchs. Nun in der Resi­denz nie­der­ge­las­sen, dazu nicht irgend­ei­ner: in Dres­den (so reden und emp­fin­den hier vie­le; man lässt sich dar­auf ein, hadert damit oder geht weg – wer sich dar­auf ein­lässt, ist dann aber wer, qua Ein­trag ins Ein­woh­ner­mel­de­re­gis­ter, im Per­so­nal­aus­weis beglau­bigt. Wenn auch mit Abstri­chen, denn bes­ser wäre eine Geburts­ur­kun­de). Dazu Wag­ner, Sem­per­oper, Odol-Mund­was­ser – „Kul­tur“, gern mit dem Prä­fix „Hoch-“ und über das Künst­le­ri­sche im engen Sin­ne hin­aus­wei­send. Mit­un­ter in Rich­tun­gen, auf Ebe­nen, für die man schwin­del­frei sein muss. Haupt­sa­che weit, weit weg von denen dort, da hin­ten, unten, … ganz weit von Dres­den aus gese­hen … links. Raunt da eine Pro­vinz, auf die zu hören, in die hin­ein­zu­hö­ren laut Jandl all­zu­oft ver­säumt wird nur über eine ande­re? Die Figur des Spie­ßers jeden­falls, schreibt er, sei „zum ertrag­rei­chen Gegen­bild der eige­nen Lebens­ent­wür­fe gewor­den … In der inni­gen Dis­tink­ti­ons­be­zie­hung zwi­schen angeb­li­chen Spies­sern und angeb­li­chen Nicht-Spies­sern keh­ren sich die Vor­zei­chen [indes] bis­wei­len um.“

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