Von BMW ins Kloster

Schwes­ter Maria Mech­tild But­ta­la ist Prio­rin des Zis­ter­zi­en­ser­klos­ters Mari­en­thal im süd­ost­säch­si­schen Ost­ritz. Foto: Micha­el Kunze

Sie hat­te alles, wovon vie­le Men­schen träu­men: eine gute Anstel­lung, eine schö­ne Woh­nung, ein schnel­les Auto. Doch Iris But­ta­la fand dar­in kei­ne Erfül­lung und wähl­te einen andern Weg.

MARIENTHAL. Fas­sungs­los sei­en ihre Eltern gewe­sen. Die Mut­ter wähnt sie in einer Mid­life-Cri­sis. Arbeits­kol­le­gen reagie­ren nicht anders. „Hät­te ich eine Bank aus­ge­raubt“, so Schwes­ter Maria Mech­tild But­ta­la beim Gespräch im Zis­ter­zi­en­se­rin­nen­klos­ter St. Mari­en­thal, „wären die Äuße­run­gen nicht schlim­mer vor­stell­bar gewe­sen.“ Dabei sind es Reak­tio­nen von Fami­lie und Freun­den auf den Ent­schluss, Non­ne zu werden.

Gebo­ren 1958 im hes­si­schen Darm­stadt, wächst sie mit zwei jün­ge­ren Geschwis­tern im Süd­wes­ten Bay­erns auf – die Mut­ter katho­lisch, der Vater luthe­risch. Sie erlebt in der Fami­lie die sei­ner­zeit ver­brei­te­ten kon­fes­sio­nel­len Span­nun­gen, wird römisch-katho­lisch getauft. In ein Klos­ter ein­zu­tre­ten, einen Orden – in ihrer Jugend sei das kein The­ma gewe­sen, obwohl die fami­liä­ren Umstän­de eher hal­fen, ihre Glau­bens­pra­xis zu ver­tie­fen. „Ich habe immer gebe­tet und gegen­über mei­ner evan­ge­li­schen Groß­mutter, die gern ein wenig pro­vo­zier­te, mei­nen Glau­ben ver­tei­digt“, sagt sie in der Rück­schau. Auch But­ta­la durch­lebt Pha­sen, in denen bei­spiels­wei­se die Sonn­tags­mes­se für sie nicht obli­ga­to­risch ist. 

Wäh­rend­des­sen fasst sie Fuß im Berufs­le­ben bei BMW, reist um die Welt. 1992 geht es in die israe­li­sche Wüs­te. Dort erscheint ihr, fest in der Erin­ne­rung ver­wur­zelt, Chris­tus in einer Visi­on mit flam­men­dem Her­zen. Sie ist Mit­te 30. „Das hat mei­ne Glau­bens­pra­xis inten­si­viert“, sagt sie. Doch der Eifer leg­te sich. Die Kar­rie­re, wie sie für vie­le Men­schen als erstre­bens­wert gilt, nimmt hin­ge­gen Fahrt auf: Berufs­be­glei­tend stu­diert sie Betriebs­wirt­schafts­leh­re, steigt ins mitt­le­re Kon­zern­ma­nage­ment auf: sehr gutes Ein­kom­men, Dienst­wa­gen, eine geräu­mi­ge Woh­nung. „Ich woll­te Frei­heit und Herr mei­ner Ent­schlüs­se sein“, gibt sie ihre dama­li­gen Vor­stel­lun­gen wie­der. Eine Fami­li­en­grün­dung spielt für sie kei­ne Rolle.

„Unschein­ba­res“ Berufungserlebnis

Sieht so Erfül­lung aus? Der Som­mer 2001 sät bei Iris But­ta­la – so ihr bür­ger­li­cher Name – Zwei­fel. Alles beginnt unschein­bar mit einem Tages­aus­flug, den sie mit den Eltern in die Bene­dik­ti­ner­ab­tei Otto­beu­ren (Diö­ze­se Augs­burg) unter­nimmt. „Wir sind auch zum Chor­ge­bet geblie­ben“, sagt Schwes­ter Mech­tild. „Alles, was atmet, lobe den Herrn“, lesen die Mön­che aus dem 150. Psalm. Das ergreift sie. Wenn es ein Beru­fungs­er­leb­nis gege­ben hat, sagt sie, so muss man es in die­sen Minu­ten sehen. „Ich will auch den Herrn loben“ – auf die­se Wei­se, habe sie damals gedacht. Sie nimmt mit dem Gast­pa­ter Kon­takt auf und ver­bringt eini­ge Tage im Klos­ter. Er ver­weist auf die Wie­der­be­sied­lung des Klos­ters Helfta (Bis­tum Mag­de­burg), deren Grün­dungs­prio­rin Maria Assump­ta Schenkl sie spä­ter im Baye­ri­schen Rund­funk hört. Sie schreibt ihr. Schenkl lädt sie nach Sach­sen-Anhalt ein: „Es wäre ein Wun­der“, gibt sie die Wor­te der 2009 Ver­stor­be­nen wie­der, „wenn Sie zu uns kämen.“ But­ta­la kommt.

Dabei ist sie in die­sen Mona­ten hin- und her­ge­ris­sen. Der Schritt wäre ein gro­ßer. Fast jeder rät ab. Was sie sich auf­ge­baut hat! Dazu ihre Frei­heit. Doch die Über­zeu­gung reift: „Jetzt, jetzt, jetzt! Wenn du es jetzt nicht tust, wirst du es lebens­lang bereu­en“ – so schil­dert sie die Gedan­ken, die sie beim ers­ten Auf­ent­halt in Helfta in der Klos­ter­kir­che bewe­gen. Angst bleibt den­noch. Dass sie es schaf­fe, habe kei­ner ver­mu­tet. Doch sie kün­digt den Job, löst die Woh­nung auf, gibt das Auto weg. Im Juni 2002 bricht sie nach Helfta auf.

„Die ers­ten zehn Jah­re waren hart. Ruhe und Still­sein“, bekennt sie frei­mü­tig, „sind mir schwer­ge­fal­len.“ Dann wie­der grämt sie sich, nicht viel frü­her ein­ge­tre­ten zu sein. „Irgend­wann aber kam die Erkennt­nis, dass es Got­tes Plan war, mich mit mei­nem beruf­li­chen Hin­ter­grund zu beru­fen.“ Aus eige­ner Erfah­rung ken­ne sie die Lei­den bestimm­ter Beru­fe die­ser Zeit: Über­las­tung, stän­di­ger Ter­min­druck, Stress bis zum Bur­nout. Dar­um absol­viert sie im Klos­ter eine drei­jäh­ri­ge Seelsorgeausbildung.

Wech­sel in ältes­tes Zisterzienserinnenkloster

Sie kommt nach Helfta und fühlt sich wohl; der Kon­vent ist jung. Von über­all­her zieht der Ort Frau­en an. Den­noch wech­selt sie 2019 nach Mari­en­thal. Die Moti­ve sind viel­fäl­tig: Das ältes­te Zis­ter­zi­en­se­rin­nen­klos­ter Deutsch­lands soll Bestand haben. Dank wei­te­rer Ein­trit­te und Wech­sel leben hier nun zwölf Schwes­tern. Gemes­sen an spä­te­ren Grün­dun­gen, sei­en die klös­ter­li­chen Tra­di­tio­nen ursprüng­li­cher. Schwes­ter Mech­tild ist mitt­ler­wei­le Prio­rin und auch für die Wirt­schafts­füh­rung verantwortlich.

Ein wich­ti­ger spi­ri­tu­el­ler Grund zu blei­ben, sei die­ser gewe­sen: „Ich erkann­te, bei­na­he mit Erschre­cken, in der Chris­tus­dar­stel­lung am Herz-Jesu-Altar der Kir­che mei­ne Wüs­ten­vi­si­on von 1992.“ Dass der Weg für sie ein guter gewe­sen ist, hät­ten ihre Eltern erkannt. Sie spür­ten die inne­re Zufrie­den­heit der Toch­ter. Schwes­ter Mech­tild ver­sucht nun – dank ihrer Aus­bil­dung – im Ein­kehr­pro­gramm des Klos­ters etwas davon an Gäs­te wei­ter­zu­ge­ben. Eines der Ange­bo­te trägt nicht zufäl­lig den Titel „Mit den Psal­men beten lernen“.

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